Ausgehend von der in Ausmaß und Intensität bemerkenswerten Debatte über den bevorstehenden Tod des Waldes der 1980er Jahre in Westdeutschland warf das Projekt die Frage auf, wie öffentlich geführte Krisendiskurse über den Wald im Zusammenspiel von Wissenschaft, Politik, Zivilgesellschaft und Medien überhaupt entstehen und wodurch sie geprägt werden. Ziel war es zum einen das Zustandekommen der Waldsterbensdebatte in den 1980er Jahre zu erklären, zum anderen generell gesellschaftliche Problematisierungen von Umweltbelangen, ihre Funktionsweisen und Spielregeln zu charakterisieren. Diese Ausgangsfragestellung wurde im Forschungsprojekt in drei sich ergänzenden Teilstudien mit jeweils spezifischen Fragen und Zielen untersucht. Ausgehend von der Beobachtungen, dass Schäden am Wald aufgrund von Abgasen ein seit langem bekanntes Phänomen sind, widmete sich Teilstudie 1 der Thematisierung und Problematisierung von immissionsbedingten Waldschäden zwischen 1890 und 1970. Sie ging der Frage nach, wie und warum sich gesellschaftliche Interpretationen und Problematisierungen in diesem Zeitraum änderten. Anhand von fünf Fallstudien zeigt die Arbeit, wie aus einem vor allem wirtschaftlich betrachteten Problem unmittelbar Betroffener allmählich ein Umweltproblem mit gesellschaftlicher Relevanz wurde. Grund für diesen Interpretationswandel waren weniger wissenschaftliche Erkenntnisse, als vielmehr sich verändernde Deutungs- und Argumentationsmuster, mit denen Akteure den Wald sahen und beschrieben. Deutlich macht die Arbeit zudem, dass forstwissenschaftliche Wissensbestände, Begriffsmuster und Denkfiguren, die die Waldsterbensdebatte der 1980er Jahre prägten, oft bis in das 19. Jahrhundert zurückverfolgt werden können (etwa der Topos des „sterbenden Waldes"). Teilstudie 2 hatte die forstwissenschaftliche Behandlung des Phänomens Waldsterben und die Rolle der Forstwissenschaftler in der öffentlichen Debatte der 1980er Jahre zum Gegenstand. Im Ergebnis zeigt sie den engen wechselseitigen Zusammenhang von wissenschaftlicher und öffentlicher Problematisierung. Vor allem zu Beginn der Debatte spielten Forstwissenschaftler eine herausragende Rolle in Öffentlichkeit und Politik, was mit einer Emotionalisierung und Politisierung der Wissenschaft einherging. Im Verlauf der Debatte entfernten sich Wissenschaft und Öffentlichkeit jedoch zunehmend voneinander. Das kann als ein Grund dafür betrachtet werden, dass es eine wirksame Entwarnung der Öffentlichkeit nie gegeben hat, während Wissenschaftler die Waldschäden ab Mitte der 1980er Jahre nüchtern betrachteten und weniger katastrophal einschätzten. Teilstudie 3 schließlich untersuchte die politisch-gesellschaftliche Debatte über den bevorstehenden Tod des Waldes in den 1980er Jahren. Hauptfrage war, wie aus dem wissenschaftlichen Objekt ein politisch relevantes issue wurde und warum dieses in nahezu der gesamten westdeutschen Gesellschaft so breite Akzeptanz erhielt. Die Arbeit zeigt, dass eine Vielzahl von Akteuren und Ereignissen in einer besonderen Situation Anfang der 1980er Jahre zusammentrafen und zur Entfaltung der Debatte beitrugen. Dabei bot das Problemkonstrukt „Waldsterben durch Sauren Regen" für die einzelnen Akteure ganz unterschiedliche Anknüpfungspunkte, die dazu beitrugen, dass Forstleute, Natur- und Umweltverbände, Massenmedien ebenso wie alle im Bundestag vertretenen Parteien, staatliche Behörden und Regierungen aus unterschiedlichsten Gründen zur Dynamisierung der Debatte beitrugen. Dabei wurde viel mehr verhandelt als immissionsbedingte Waldschäden. Es spricht viel dafür, die Waldsterbensdebatte der 1980er Jahre als Selbstverständigungsdiskurs der westdeutschen Gesellschaft als moderne Industriegesellschaft und als Nation verstehen. Dabei kamen auch tradierte Naturvorstellungen und Waldbilder zum Tragen und wurden teils aktualisiert. Insgesamt hat das Projekt Waldschadensdiskurse in Deutschland seit Ende des 19. Jahrhunderts in umfassender Weise untersucht und die Bedingungen ihrer Thematisierung als gesellschaftlich relevante Probleme aufgezeigt.