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Debye-Prozess und Wasserstoffbrückendynamik in Glasbildnern

Subject Area Physical Chemistry of Molecules, Liquids and Interfaces, Biophysical Chemistry
Experimental Condensed Matter Physics
Term from 2008 to 2015
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 100800169
 
Final Report Year 2015

Final Report Abstract

Die starke Mikrowellenabsorption in Monohydroxy-Alkoholen und in Wasser, die seit den Tagen von Peter Debye - dem Namensgeber des zugrunde liegenden Prozesses - erforscht wird, ist erst in den letzten Jahren einem mikroskopischen Verständnis entscheidend näher gerückt. Denn lange Zeit wurde der Debye-Prozess nur mit der dielektrischen Spektroskopie untersucht und galt ansonsten als nicht detektierbar. Mittlerweile gibt es jedoch eine zunehmende Anzahl von Computersimulationen, die sich gezielt diesem Prozess widmen und in den letzten Jahren wurden verstärkt weitere experimentelle Methoden zum Studium der Dynamik dieses Prozesses angewandt Im Rahmen des abgeschlossenen Projektes konnten wir die seit fast 60 Jahren vorherrschende Ansicht widerlegen, dass in der Nähe des Glasübergangs der Debye-Prozess keine viskoelastische Signatur besitzt. Vielmehr belegen unsere Arbeiten, dass Monohydroxy-Alkohole starke Ähnlichkeiten zum Verhalten supramolekularer Polymere aufweisen. Es stellte sich sogar heraus, dass relativ zum Verhalten von Flüssigkeiten ohne Debye-Relaxation der Grad der Erhöhung der effektiven Nullscherviskosität mit der Stärke des dielektrischen Debye-Prozesses korreliert. Unsere Neutronenstreumessungen der intermediären Streufunktion des Propanol – über einen Dynamikbereich von vier Größenordnungen und sowohl am Maximum des statischen Strukturfaktors als auch des sogenannten Vorpeaks ausgewertet – zeigen Dynamiken, die mit der Strukturrelaxation bzw. den Ergebnissen unserer früheren Kernspinresonanzuntersuchungen kompatibel sind. Die Neutronendaten stützen somit das Modell transienter Ketten. Eine überraschende Entdeckung unserer Studien war, dass durch Mischung von Flüssigkeiten mit jeweils kleinem Debye-Prozess eine Flüssigkeit entstehen kann, die einen bis zu zehnfach größerem Debye-Prozess besitzt. Dieses Phänomen konnten wir auf der Grundlage von Röntgenstrukturuntersuchungen als Ringöffnungseffekt identifizieren. Hilfreich war dabei, dass die konzentrationsabhängigen Positionen von Vorpeak und Hauptmaximum des Strukturfaktors sich als gegenläufig herausstellten. Mit der Infrarotspektroskopie wurden zahlreiche Debye-Flüssigkeiten untersucht, auch um die Ursachen einer bei etwa 250 K mit verschiedenen experimentellen Methoden beobachtbare Anomalie einzugrenzen. Mittels Röntgen-Raman-Messungen haben wir damit begonnen, die wahrscheinlich dafür verantwortliche Änderung der Wasserstoffbrückenkooperativität auf mikroskopischer Ebene zu studieren. Ein Schwerpunkt unserer Untersuchungen lag auf der Erforschung von Mischungen, die Alkohole oder sekundäre Amide beinhalten. Mit der Untersuchung der Amide sowie des Pharmazeutikums Ibuprofen sind wir unter anderem der Frage nachgegangen, inwieweit die an den Alkoholen für den Debye-Prozess gewonnenen mechanistischen Vorstellungen auf diese Systeme übertragen werden können. Allerdings ist dies für die Amide noch nicht abschließend beurteilbar. Insgesamt glauben wir, das wir eine Reihe von signifikantem Fortschritten im Verständnis des Debye-Prozesses erzielen konnten. Dies manifestiert sich auch in einem längeren, gemeinsam mit einem auswärtigen Kollegen veröffentlichten Übersichtsartikel zum Thema dieses Projektes.

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