Dichtung und Gesellschaft: Poesía Buenos Aires und Avantgarde-Kunst in den 1950er und 1960er Jahren in Argentinien.
Final Report Abstract
Das Projekt setzt sich zum Ziel, erstmals die Zeitschrift "Poesia Buenos Aires" im künstlerischen und gesellschaftspolitischen nationalen argentinischen wie internationalen Kontext zu verorten. Dabei sollen die literarischen Produktions- und Rezeptionsprozesse in einer sozialen Lebenswirklichkeit erklärt werden, die eine gesellschaftliche Positionierung der Künste einforderte. Den Ausgangspunkt bildet die von Juan Jacobo Bajarlia Im August 1948 herausgegebene Zeitschrift "contemporánea la revoiución en el arte". 5 der 6 Gründungsmitglieder von Poesia Buenos Aires trafen hier als Beiträger zusammen. Zwischen contemporánea und Poesia Buenos Aires bestehen daher inhaltliche und formal-gestalterische Ähnlichkeiten. Unter den poetologischen und ästhetischen Positionsbestimmungen der Beiträger von contemporánea spielte der Invencionismo der Asociación de Arte Concreto-Invención eine herausragende Rolle. Zwei Künstler, die an contemporánea mitwirkten und später Einfluss auf das Konzept von Poesia Buenos Aires nahmen (der Dichter Bayley sowie der Maler und Bildhauer Souza), gehörten diesem Künstlerkreis an. Der Dadaismus, der Creacionismo Huidobros und der Surrealismus wurden von den Inventionisten als wichtige Wegbereiter einer nicht-gegenständlichen, nichtrepräsentativen Kunst bzw. Literatur gesehen. Die Asociación de Arte Concreto Invención und andere im ßereich der abstrakten, nicht gegenständlichen und eine nicht-repräsentative Kunst anstrebenden Gruppierungen, die sich als Kosmopoliten verstanden, nahmen im Argentinien der 1940er und 1950er Jahre (im Bereich der Literatur, z.B. Modi) in den Feldern der Kunst und Literatur Gegenpositionen zum offiziellen Kunst- und Literaturbegriff ein („Nationalisierungsstrategie" Peróns). Der offizielle Literaturbegriff wurde maßgeblich von der sogenannten 1940er Generation oder den Neo-Romantikern geprägt. Die politischen Rahmenbedingungen der 1940er und 1950er Jahre wirkten sich einschränkend auf die Arbeit der Künstler und Literaten aus. Der Invencionismo prägte die Ausrichtung von Poesia Buenos Aires maßgeblich. Der Rahmen seiner Grundprinzipien forderte und förderte in Poesia Buenos Aires die Auseinandersetzung mit den Werken unterschiedlicher Autoren lateinamerikanischer, amerikanischer und europäischer Provenienz. Fremdsprachliche Gedichte, Prosatexte, Interviews, poetologische und ästhetische Schriften wurden ins Spanische übertragen. Die Verschärfung der Repressionsmaßnahmen unter Perón in den ersten Jahren des Bestehens der Zeitschrift gaben auch den verantwortlichen Chefredakteuren von Poesia Buenos Aires allen Anlass zum politischen Engagement. Sie suchten eine Verbindung zur Alltagswirklichkeit, die den Künstler in seiner gesellschaftlichen Verantwortung zeigte, ohne dabei in eine agitatorische politische Haltung überzugehen.