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Das Augustana-Jubiläum von 1830 als Kulminationspunkt der Ausbildung moderner theologischer Positionen während der europäischen Sattelzeit

Fachliche Zuordnung Evangelische Theologie
Förderung Förderung von 2009 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 102437968
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das durch die DFG von 2009 bis 2014 geförderte Drittmittelprojekt leistet einen Beitrag zum Transfer der Fragestellungen der jubiläumshistorischen Forschung in die Kirchen- und Theologiegeschichte. Der geschichtswissenschaftlichen Jubiläumsforschung der letzten Dekade, in der vor allem die politischen, gesellschaftlichen und kulturgeschichtlichen Faktoren, aber auch die diachrone Selbstreferentialität kirchlicher Jubiläen im Vordergrund standen, wird in diesem Projekt ein theologiegeschichtlicher Blick auf die Innenseite der kirchlichen Jubiläen an die Seite gestellt, indem anhand des Augustana-Jubiläums von 1830 exemplarisch nach den kirchenpolitischen und theologiegeschichtlichen Auswirkungen der Jubiläumskultur gefragt, die Funktion des Augustana-Jubiläums für die Bildung theologischer Positionen näher in den Blick genommen und den innerkirchlichen Diskussionen um die kirchenpolitische und theologische Identität der evangelischen Kirche nachgegangen wird. Die Frage nach der Funktion des Augustana-Jubiläums von 1830 bei der Entstehung moderner theologischer Positionen wird dabei flankiert durch eine Untersuchung des lokalen theologischen Profils der Augustana-Jubiläen in den einzelnen Territorialstaaten des Deutschen Bundes. Dabei gerät die Interaktion zwischen staatlichen Obrigkeiten und kirchlichen Autoritäten in den Mittelpunkt. Es wird danach gefragt, inwieweit die jeweilige politische Obrigkeit bei der Herausbildung des spezifischen theologischen Profils in ihrem Territorium insofern beteiligt war, als sie durch gezielte Stellenbesetzungen die Etablierung theologischer Richtungen begünstigte. Die Studie geht diesen Fragestellungen in exemplarisch ausgewählten Jubiläumszentren in ganz Europa nach und analysiert dabei die enge Verknüpfung zwischen dem durchaus divergierenden religionspolitischen Kurs der Territorialregierungen und der theologischen Ausrichtung und Inszenierung des Augustana-Jubiläums. Das Augustana-Jubiläum von 1830 zeigte sich auf europäischer Ebene als eingebunden in den Mentalitätenwechsel der Sattelzeit, während dessen die alte aufgeklärte, zukunftsoptimistische Grundausrichtung von Politik und Theologie langsam einer neuen Mentalität wich, die getragen war von der Sehnsucht nach der alten, voraufklärerischen europäischen Ordnung in Politik und Theologie. Politisch manifestierte sich dieser Mentalitätenumbruch in der Restauration, theologiehistorisch in der Erweckungsbewegung und der einsetzenden Rekonfessionalisierung, die etwa in Skandinavien aber auch in anderen Territorien auch auf nationale voraufklärerische Traditionen zurückgriffen. Für die Bildung einer nennenswerten konfessionell-lutherischen Partei in der evangelischen Kirche, die in den 1840er Jahren in den lutherischen Territorien bestimmend werden sollte, war das Augustana-Jubiläum und seine bekenntnishermeneutischen Diskussionen ein erster auslösender und verdichtender Katalysator.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Das konfessionelle Erweckungserlebnis August Friedrich Christian Vilmars im Kontext des Augustana-Jubiläums von 1830, in: Lutherische Theologie und Kirche 34 (2010), 11–34
    Johannes Hund
  • „Das Volk will zum Besten gehalten sein“ – Das Augustana-Jubiläum von 1830 im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 122 (2011), 201–232
    Johannes Hund
  • Das Augustana-Jubiläum von 1830 als Kulminationspunkt der Ausbildung moderner theologischer Positionen während der Vormärzzeit, in: Klaus Tanner (Hg.), Konstruktion von Geschichte. Jubelrede – Predigt – protestantische Historiographie, Leipzig 2012 (Leucorea-Studien zur Geschichte der Reformation und der Lutherischen Orthodoxie 18), 237–253
    Johannes Hund
  • Erinnern und feiern. Das Calvin-Jubiläum im Kontext moderner Erinnerungskultur, in: Irene Dingel (Hg.), Kirchengeschichte. Calvin-Jubiläum 2009, Verkündigung und Forschung 57 (2012), 4–17
    Johannes Hund
  • Preußische Union und selbstständige lutherische Kirchen: Trennung und Kirchwerdung bis 1850, in: Jürgen Kampmann/Werner Klän (Hg.), Preußische Union, lutherisches Bekenntnis und kirchliche Prägungen. Theologische Ortsbestimmungen im Ringen um Anspruch und Reichweite konfessioneller Bestimmtheit der Kirche, Göttingen 2013 (Oberurseler Hefte. Ergänzungsbände 14), 43–80
    Johannes Hund
  • Vom Amt der Kirche. Das Scheitern transatlantischer Kommunikation und der Konsens im persönlichen Gespräch bei Wilhelm Löhe und Carl Ferdinand Wilhelm Walther, in: Claus Arnold/Johannes Wischmeyer (Hg.), Transnationale Dimensionen wissenschaftlicher Theologie, Göttingen 2013 (VIEG.B 101), 355–384
    Johannes Hund
  • Das Augustana-Jubiläum von 1830 im Kontext von Kirchenpolitik, Theologie und kirchlichem Leben, Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
    Johannes Hund
  • Norm oder Geist. Die reformierte Debatte zum Augustana-Jubiläum von 1830, in: Andreas J. Beck (Hg.), Melanchthon und die Reformierte Tradition, Göttingen 2016 (Refo500 Academic Studies 6), S. 175 ff.
    Johannes Hund
 
 

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