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Form, Konstruktions- und Entwurfsprinzipien von spätgotischen Zellengewölben - "reverse engeneering" und experimentelle Archäologie

Subject Area Art History
Term from 2009 to 2013
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 106905325
 
Final Report Year 2015

Final Report Abstract

Bei den Zellengewölben handelt es sich um einen besonderen Typus spätgotischer Gewölbe, der sich durch eine charakteristische, gefaltete Form der Gewölbefläche auszeichnet. Sie sind in einigen Fällen durch Rippen, meist aber durch rippenlose Grate strukturiert, zwischen denen die gemauerte Schale nach oben gefaltet ist und scharfkantige Grate und Kehlen bildet; so entstehen filigran wirkende Decken mit einem faszinierenden Spiel von Licht und Schatten. Ihre Erfindung ist im Zusammenhang mit dem 1471 begonnenen, von Arnold von Westfalen geplanten Bau der Albrechtsburg in Meißen zu sehen. In der Folge erfreute sich diese Gewölbeform zeitweise großer Beliebtheit und breitete sich bis ins 16. Jh. schließlich über ein Gebiet aus, das große Teile Mittel- und Osteuropas umfasst. Über die Motive für die Erfindung und die Gründe für die Beliebtheit dieser Gewölbeform geben allerdings die zeitgenössischen Quellen ebenso wenig Auskunft wir über ihre Bauweise. Im Projekt wurden die Konstruktions- und Entwurfsprinzipien dieser Gewölbe an Beispielen untersucht, und es gelang, ihren Herstellungsprozess zu rekonstruieren. Dies erfolgte anhand von geometrischen Analysen der Form und Mauerwerkstextur von untersuchten Gewölben, sowie praktischen Experimenten, bei denen Teile dieser Gewölbe in voller Größe und mit originalgetreuen Materialien nachgebaut wurden. Die so gewonnenen Erkenntnisse zur Bauweise der Zellengewölbe können nun als Grundlage für die Erhaltung und Restaurierung dienen; darüber hinaus lässt sich hierdurch auch die eigentümliche Form dieser Gewölbe verstehen. Zudem lassen sich Rückschlüsse auf die Bauorganisation, sowie auf den Planungsprozess und die dabei zugrunde liegenden Kriterien ziehen: es ist so, als hätten wir die Maurer und Planer des 15. Jh. besucht und bei der Arbeit beobachtet. Die geometrischen Eigenschaften der Gewölbe ergeben Aufschlüsse darüber, was geplant wurde und wie die Information vom Entwurf bis zur Herstellung übermittelt wurde. Anhand der Analysen, Experimente und einer neu erschlossenen Quelle, nämlich einer spanischen Lehrschrift zum spätgotischen Kirchenbau, konnte auch das Lehrgerüst für den Bau von Zellengewölben rekonstruiert werden. Wie die Schlussfolgerungen zu den Entwurfsprinzipien ist auch diese Lehrgerüstkonstruktion von allgemeiner Gültigkeit für den spätgotischen Gewölbebau. Das Lehrgerüst und ein nachgestelltes Stück Gewölbemauerwerk werden in der Dauerausstellung auf der Albrechtsburg Meißen präsentiert und vermitteln auch der breiten Öffentlichkeit, wie diese Gewölbe geplant und gebaut wurden und wie ihr Erscheinungsbild dadurch mit geprägt ist; dort wird auch ein Video mit den Experimenten gezeigt (http://architekturvideo.de/geheimnisvolle-strukturendie-spaetgotischen-zellengewoelbe-der-dresdner-albrechtsburg/#.UVAPy1di3FI). Die Öffentlichkeit konnte über die Arbeit des Projekts auch in einem Fernsehbericht erfahren: „Vermessen, nachgebaut. Dresdener Forscher erforscht alte Gewölbe“ von K. Beck, 3sat „nano“ (Sendung am 19.01.2012; http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=28948 ab Minute 21:00).

Publications

  • "Cell Vaults – Research on Construction and Design Principles of a Unique Late-Mediaeval Vault Typology.“ In Proceedings of the Third International Congress on Construction History, Cottbus 2009, Bd. 3 S. 1501-1508
    Wendland, David
  • „Zum Bau figurierter Gewölbe – eine Anleitung im Werkmeisterbuch des Rodrigo Gil de Hontañón.“ In Werkmeister der Spätgotik: Personen, Amt und Image, hrsg. von Stefan Bürger und Bruno Klein, S. 244–72. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2010
    Wendland, David und María José Ventas Sierra
  • „Konstruktions- und Entwurfsprinzipien von spätgotischen Zellengewölben – "reverse engineering" und experimentelle Archäologie.“ In Koldewey-Gesellschaft, Bericht über die 45. Tagung für Ausgrabungswissenschaft und Bauforschung Konstanz 2010, S. 255-266. Dresden: Thelem, 2012
    Wendland, David
  • „Research on “Cell Vaults”: Analytic and Experimental Studies on the Technology of Late Gothic Vault Construction. “ In Proceedings Structural Analysis of Historical Constructions, hrsg. von J. Jasienko, Bd. 2 S. 1339-1346. Wroclaw, 2012. Erneut: Wiadomości Konserwatorskie / Journal of Heritage Conservation, 32.2012, S. 127-132
    Wendland, David
  • „Untersuchungen zu den Entwurfs- und Konstruktionsprinzipien der spätgotischen Zellengewölbe: Ein neuer Ansatz in der Verknüpfung von geometrischen Analysen am Befund und experimenteller Archäologie.“ In Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen Jahrbuch 2010/2011, S. 23-33. Dresden: Sandstein Verlag, 2012
    Wendland, David
  • „Zum Bau von figurierten Gewölben der Spätgotik: Planung, Formkontrolle, Konstruktion, Herstellungsprozess.“ In Das Schlingrippengewölbe der Schlosskapelle Dresden, hrsg. von J.-U. Anwand und H. Krause, S. 119-127. Altenburg: Kamprad, 2013
    Wendland, David
  • „Die Lehrgerüste spätgotischer Zellengewölbe in zeitgenössischen Schriftquellen.“ In Traces of Making – Entwurfsprinzipien von spätgotischen Gewölben – Shape, Design and Construction of Late Gothic Vaults, hrsg. von K. Schröck und D. Wendland, S. 159-171. Petersberg: Michael Imhof, 2014
    Mai, Christian
  • „Reverse Engineering und Experimentelle Archäologie – Forschungen zu Bau, Planungsprinzipien und Entwurfskriterien spätgotischer Zellengewölbe.“ In Traces of Making – Entwurfsprinzipien von spätgotischen Gewölben – Shape, Design and Construction of Late Gothic Vaults, hrsg. von K. Schröck und D. Wendland, S. 10-37. Petersberg: Michael Imhof, 2014
    Wendland, David
 
 

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