Neuronale Grundlagen der Modulation kognitiver Kontrolle durch positive Emotionen: Differenzierung von Zuneigung-Wärme und Erwartung-Vorfreude
Final Report Abstract
Während negative Emotionen bereits seit langem im Fokus zahlreicher wissenschaftlicher Studien stehen, wurde die Differenzierbarkeit sowie die neurophysiologische Basis unterschiedlicher positiver Emotionen bislang nur relativ selten untersucht. Dieses Projekt zielte darauf ab, die positiven Emotionen Zuneigung-Wärme (ZW, caring, liking, Vertrauen) und Erwartung-Vorfreude (EV, seeking, expectancy, wanting) hinsichtlich ihres Einflusses auf kognitive Kontrolle (kognitive Flexibilität versus Aufrechterhaltung) bzw. interpersonales Vertrauen sowie hinsichtlich ihrer EEG- und Persönlichkeitskorrelate sowie ihrer Modulierbarkeit durch Dopamin bzw. Opioide zu vergleichen. Hierzu wurde zunächst in Vorstudien ein Verfahren zur Induktion von ZW und EV mithilfe von Filmen und personalisierten Imaginationen sowie eine Variante des Vertrauensspiels zur reliablen Erfassung individueller Unterschiede im interpersonalen Vertrauen entwickelt. In einer ersten Hauptuntersuchung wurde dann bei unabhängigen Gruppen von gesunden Probandinnen nach Gabe entweder des Opioid-Antagonisten Naltrexon oder Placebo mithilfe von Filmen/Imagination entweder ZW oder ein neutraler Zustand induziert. Erwartungsgemäß wurde mehr ZW in der Placebo/ZW-Gruppe als in der Placebo/Kontrollgruppe sowie den beiden Naltrexongruppen berichtet und der in der Gruppe Placebo/ZW beobachtbare Anstieg des interpersonalen Vertrauens nach ZW- Imagination/-Film wurde erwartungsgemäß durch Naltrexon blockiert. Diese Ergebnisse stützen die Konzeptualisierung von ZW als einer (teilweise) opioiderg vermittelten positiven Emotion. Außerdem konnte erstmals gezeigt werden, dass ZW mit einer reduzierten Linkslateralisierung der frontalen kortikalen Aktivität einhergeht, was mit einer reduzierten Aktivität des theoriegemäß linkslateralisierten Annäherungsmotivationsystems bei dieser positiven Emotion konsistent ist. In einer zweiten Hauptuntersuchung wurde bei unabhängigen Gruppen von gesunden Probandinnen nach Gabe entweder des Dopamin-D2-Antagonisten Sulpirid oder Placebo mithilfe von Filmen/Imagination entweder EV oder ZW induziert. Erwartungsgemäß zeigten sich in den ZW-Gruppen relativ zu den EV-Gruppen stärkere Anstiege der berichteten ZW. Gruppenunterschiede im Anstieg der berichteten EV wurden allerdings nicht beobachtet. Trotz dieser eingeschränkten Differenzierung von EV und ZW auf der Selbstberichtebene, konnten anhand der Reaktionszeiten in dem im Anschluss an die Emotionsinduktion durchgeführten continuous performance test (AX-CPT) Belege für eine Verschiebung der Balance von kognitiver Flexibilität versus Aufrechterhaltung in Richtung Flexibilität unter EV relativ zu ZW gefunden werden. Unter Sulpirid wurde ferner ein genau umgekehrtes Muster beobachtet. Es konnte somit erstmals gezeigt werden, dass sich die positiven Emotionen EV und ZW in ihrer Auswirkung auf kognitive Kontrolle unterscheiden und dass diese Emotionseffekte erwartungsgemäß pharmakologisch durch eine Manipulation dopaminerger Neurotransmission veränderbar sind. Diese Beobachtungen sind auch deshalb von besonderem Interesse, weil der Einfluss positiver Gefühlszustände auf kognitive Kontrolle bislang hauptsächlich anhand sehr kurzfristiger phasischer Effekte emotionaler Bilder untersucht wurde und eine dopaminerge Vermittlung nur indirekt belegt werden konnte. Zwar konnten die zusätzlich erwartete Modulation der Einflüsse von EV und Dopamin durch bestimmte Persönlichkeitsunterschiede (agentische positive Emotionalität) und den COMT Val158Met-Polymorphismus anhand des AX-CPT und der Emotionsinduktion durch Filme/Imagination nicht aufgezeigt werden. In einer im Anschluss von allen Probandinnen bearbeiteten virtuellen Ballspielaufgabe konnten jedoch beide genannten modulierenden Effekte für zwischenzeitlich als Mechanismus kognitiver Kontrolle diskutierte Indikatoren frontomedialer EEG-Theta-Aktivität dokumentiert werden. Die Ergebnisse der Hauptuntersuchung belegen insgesamt die Differenzierbarkeit von ZW und EV und sprechen für eine dopaminerge Grundlage von EV, kognitiver Kontrolle sowie agentischer positiver Emotionalität.
Publications
- (2014). Dopamine modulates frontomedial failure processing of agentic introverts versus extraverts in incentive contexts. Cogn Affect Behav Neurosci, 14(2), 756-768
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(See online at https://doi.org/10.3758/s13415-013-0228-9) - (2014). Opioid Receptor Blockade and Warmth-Liking: Effects on Interpersonal Trust and Frontal Asymmetry. Social Cognitive and Affective Neuroscience, 9(10), 1608-1615
Schweiger, D., Stemmler, G., Burgdorf, C., & Wacker, J.
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Mueller, E. M., Burgdorf, C., Chavanon, M. L., Schweiger, D., Hennig, J., Wacker, J., & Stemmler, G.
(See online at https://doi.org/10.1111/psyp.12226)