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Anpassungsverhalten und Aushandlungsprozesse. Bewältigung von wasserbezogenen Gesundheitsrisiken durch verwundbare Gruppen in Chennai/Indien

Subject Area Human Geography
Term from 2009 to 2012
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 112807199
 
Final Report Year 2012

Final Report Abstract

Indien, einer der Kernräume der weltweiten Megapolisierung, ist konfrontiert mit wachsender urbaner Armut und einer steigenden Krankheitslast für die städtische Armutsbevölkerung. Eingebettet in diesen Problemkontext erörtert das Projekt anhand einer empirischen Slumstudie aus der südindischen Megastadt Chennai die Problemlage der health vulnerability. Das übergreifende Ziel der Forschungsarbeit ist die Analyse der health vulnerability der in Slums lebenden urbanen Armutsgruppen. Im Fokus steht das Handeln der Verwundbaren im Kontext von Gesundheitsrisiken und Krankheitsbelastungen. Das Projekt verfolgt dabei eine theoretisch reflektierte und akteurszentrierte Verwundbarkeitsanalyse. Diese wird konzeptionell durch die Verknüpfung des Livelihood-Ansatzes mit dem Ansatz der Politischen Ökologie und dem der Verfügungsrechte realisiert. Mit der Hinzuziehung von Bourdieus Theorie der Praxis wird der Analyse eine integrierende sozialtheoretische Basis gegeben. Die Studie basiert auf Primärdaten, die In drei Slums während mehrerer Feldforschungskampagnen zwischen den Jahren 2005 und 2010 mit Hilfe qualitativer und quantitativer Verfahren erhoben wurden. Die praxeologisch fundierte Analyse der health vulnerability der Bevölkerung megaurbaner Slums wird in einer sozial-räumlichen Perspektive umgesetzt und mündet in der Betrachtung dreier miteinander verflochtener Räume der health vulnerability: In einem ersten Schritt betrachtet die Studie den angeeigneten physischen Raum und geht von einer ortsbasierten Analyse der health vulnerability aus. Die Besiedlung des Slums wird als Prozess der Raumaneignung beschrieben, der mit Profiten und Kosten verbunden ist. Die subalterne Position des Slums und der dort lebenden Menschen im relational-sozialen Stadtraum drückt sich in der Differenz der Charakteristiken ihrer Bewohner sowie der dort verorteten Güter und Dienstleistungen im Vergleich zu anderen Teilen der Megastadt aus. Die Projekt zeigt, dass sich aus dieser subalternen Position eine höhere gesundheitsbezogene Verwundbarkeit ergibt. In einem zweiten Schritt betrachtet die Arbeit den Raum der Perspektiven und den subalternen Habitus von Gesundheit. Im Fokus stehen die gesundheitsbezogenen Praktiken und Sichtweisen der in Bezug auf Gesundheit besonders verwundbaren Frauen. Verschiedene Typen von subjektiven Gesundheitskonzeptionen sowie Laientheorien von Gesundheit werden identifiziert. Diese Konzepte und Theorien bilden eine wichtige Basis für das Verständnis der Handlungsrationalitäten der Menschen. Gesundheitsbezogene Praktiken werden in das Spannungsfeld von subjektiven Logiken und strukturellen Zwängen eingebettet. Es zeigt sich, dass die Slumbewohnerinnen bei der Ausführung dieser Praktiken in Aushandlungsprozesse eingebunden sind, in denen staatliche Akteure eine wichtige Rolle spielen. Zuletzt richtet sich das Interesse der Untersuchung auf den Raum der Positionen und die kapital bedingten Möglichkeiten und Zwänge der Krankheitsbewältigung. Die von den Slumbewohnern verfolgten Strategien der Krankheitsbewältigung werden analytisch in einzelne Entscheidungsschritte aufgeteilt. Der Einfluss der Kapitalausstattung auf die einzelnen Entscheidungen wird auf Individuen- und Haushaltsebene beurteilt. Es wird aufgezeigt, wie bestimmte Faktoren, wie zum Beispiel Vertrauen, als verfügungsrechtliche Potentiale oder Barrieren wirken und dazu führen können, dass Armutsgruppen trotz der räumlichen Nähe zu kostenloser öffentlicher Gesundheitsversorgung kostenpflichtige private Einrichtungen bevorzugen. Schließlich werden die direkten und indirekten Kosten von Krankheit ermittelt und es wird analysiert, wie die Haushalte diese bewältigen. Das Ergebnis zeigt, dass schlechter gestellte Haushalte, die eine als "katastrophal" zu beurteilende Kostenlast zu tragen haben, infolgedessen nicht nur gezwungen sind. Einschnitte bei der Befriedigung anderer grundlegender Bedürfnisse in Kauf nehmen, sondern auch auf externe finanzielle Ressourcen, wie Kredite von Geldverleihern, angewiesen sind, um ihre Gesundheitsversorgung zu bestreiten. Das Projekt verfolgt das Ziel, einen umfassenden Einblick in die Logiken des Handelns im Kontext von Gesundheitsrisiken und Krankheitsbelastungen zu geben und auf diese Weise nicht nur ein tieferes Verständnis damit zusammenhängender Problemfelder zu ermöglichen, sondern auch wichtige Erkenntnisse für die Entwicklungspolitische Praxis bereitzustellen.

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