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Der Historiker Karl Alexander von Müller und die deutsche Geschichtswissenschaft zwischen spätem Kaiserreich und Bundesrepublik

Subject Area History of Science
Term from 2009 to 2013
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 123309647
 
Final Report Year 2014

Final Report Abstract

Im Mittelpunkt des Projektes stand die wissenschaftliche Biographie des Historikers Karl Alexander von Müller, es formulierte wissenschafts- und historiographiegeschichtliche Fragen, war aber zugleich einem tatsächlich gelebten Leben gewidmet. Die biographische Darstellung, gleich welche Fragen sie formuliert, rekonstruiert Lebensläufe nicht, sie konstruiert, sie schafft ein eigenes, mit konkurrierenden Ansätzen und Deutungen gegebenenfalls nicht übereinstimmendes „Leben“. Die oftmals befürchtete und vielfach zitierte „biographische Illusion“ (Bourdieu) beginnt, wo es an einer Reflexion über eben diesen Umstand mangelt. Für die Projektbearbeitung war diese, an der neueren, methodisch reflektierten Biographik orientierte Ausgangsüberlegung erkenntnisleitend. Ausschlaggebend für die Karriere Müllers war seine besondere Fähigkeit zur vielfältigen und erfolgreichen Kommunikation mit der ihn umgebenden Welt. Müller erwarb Ansehen und Rang weniger als Historiograph denn als Persönlichkeit, die in ihrer Vielschichtigkeit und Anschlussfähigkeit zum allseits geschätzten Adressaten von durchaus widersprüchlichen Anforderungen wurde. Müllers Karriere als Historiker wurde in der Projektbearbeitung demnach auch immer gelesen als ein Spiegel der Krisen, Frage- und Problemstellungen der Geschichtswissenschaft seiner Zeit. Deshalb war der Blick der Disziplin auf Müller mindestens ebenso wichtig wie seine Wahrnehmung, eine Beschränkung auf die Darstellung nur einer Seite dieser Kommunikationsbeziehung erschien nicht ratsam. Nicht zuletzt bot eine wissenschaftliche Biographie Müllers daher auch die Möglichkeit, die sich im Untersuchungszeitraum verändernde Praxis des Historikers in den Blick zu nehmen. Der Wandel des Rollenbildes „Historiker“ konnte am Beispiel Müllers nachgezeichnet werden, bildete sich doch die zugleich zunehmende Bedeutung von öffentlicher Wahrnehmung wie auch institutioneller Präsenz in seinen wesentlichen Erfolgsfeldern idealtypisch ab. Obwohl Karl Alexander von Müller zu den einflussreichsten deutschen Historikern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gezählt hatte, im Nationalsozialismus zum führenden Vertreter der deutschen Geschichtswissenschaft aufgestiegen war, gelang es der Disziplin in den Jahrzehnten seit seinem Tod 1964 nicht, Müllers Rolle und Wirkung im Fach hinreichend zu erfassen bzw. diese für eine Reflexion der Fachgeschichte aufzuarbeiten. Eine – trotz der seit Anfang der 1990er Jahre anhaltenden wissenschafts- und historiographiegeschichtlichen Konjunktur – bestehende Forschungslücke, welche durch die Projektbearbeitung geschlossen werden konnte. Die Projektbearbeitung hat in verschiedener Hinsicht Aufmerksamkeit in „Publikumsmedien“ erfahren. Mehrfach wurde in Tageszeitungen und Journalen auf den Beitrag des Projektmitarbeiters zur Debatte um die NS-Vergangenheit des Müller-Schülers Karl Bosl hingewiesen, unter anderem in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wie auch in der Süddeutschen Zeitung. Daran anschließend produzierte der Bayerische Rundfunk zwei Radio-Features, zum „Fall“ Bosl wie auch im Spezielleren zur Biographie Karl Alexander von Müllers, an denen der Projektbearbeiter partizipierte.

Publications

  • Mit Feder und Schwert. Militär und Wissenschaft – Wissenschaftler und Krieg, Stuttgart 2009. 380 S.
    Matthias Berg, Jens Thiel u. Peter Th. Walther (Hrsg.)
  • „Morgen gehen die Detonationen los.“ Die Bayerische Akademie der Wissenschaften und der Historiker Karl Alexander von Müller, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 72 (2009), S. 643-681
    Matthias Berg
  • Lehrjahre eines Historikers. Karl Bosl im Nationalsozialismus, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 59 (2011), Heft 1, S. 45-63
    Matthias Berg
  • Nationalsozialistische Akademie oder Akademie im Nationalsozialismus? Die Bayerische Akademie der Wissenschaften und ihr Präsident Karl Alexander von Müller, in: Wendepunkte. Studien zur Wissenschaftsgeschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, hrg. von Friedrich Wilhelm Graf, Regensburg 2013, S. 173-202
    Matthias Berg
  • Karl Alexander von Müller. Historiker für den Nationalsozialismus (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 88), Göttingen 2014, 572 S.
    Matthias Berg
 
 

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