Transition in Transgender: Therapieinduzierte Veränderungen in Gehirn und Verhalten
Klinische Psychiatrie, Psychotherapie und Kinder- und Jugendpsychiatrie
Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel des Projektes war die Erfassung der neuronalen Korrelate der Stimmverarbeitung und der Geschlechtsstereotypverarbeitung bei Transsexuellen im Vergleich zu Männern und Frauen, anhand zweier Paradigmen, die sich in unseren Vorstudien als geeignet erwiesen, geschlechtsspezifische Verarbeitungsmuster abzubilden. Die Mehrheit der bisher zu Transsexualität publizierten neurobiologischen Studien konzentriert sich auf Transfrauen (Mann-zu-Frau Transgender). Daten von Transmännern (Frau-zu-Mann Transgender) liegen weit weniger, und meist nur in kleinen Stichprobengrößen vor. Im Rahmen der zweiten Förderperiode sollten daher zusätzlich zur bereits vorhandenen Stichprobe der Transfrauen (1. Förderperiode, n=32) Transmänner ohne bzw. mit einer Hormonbehandlung rekrutiert werden. Mittels der funktionellen Aktivierungsmuster sollte der Frage nach einer Maskulinisierung des Gehirns nachgegangen werden, die auch bereits vor der Hormonbehandlung nachweisbar sein könnte. Des Weiteren sollte der Einfluss von Geschlechtshormonen auf die gemessenen behavioralen und hirnfunktionellen Korrelate der untersuchten sozio-emotionalen Prozesse bestimmt werden. Während der Phase der Datenerhebung wurde ein systematischer Review über bis dato publizierte Studien zu neuronalen Grundlagen der Transsexualität veröffentlicht. Erhoben wurden die Daten von Transmännern ohne (n=19) und mit Hormonbehandlung (n=15) als auch nach Alter parallelisierte Kontrollpersonen (n=38). Im Verlauf des Projektes wurde deutlich, dass die sexuelle Orientierung möglicherweise Einfluss auf die bisherigen Ergebnisse haben könnte, da bei Transsexualität eine höhere Rate an Homosexualität vorzuliegen scheint. Daher wurden zusätzlich zur spezifizierten Zielsetzung des Antrags der Einfluss der sexuellen Orientierung und Zyklusphase auf die Stimm- und Emotionsverarbeitung untersucht. Insgesamt wurden damit 74 fMRI Messungen durchgeführt, 34 Transmänner, 20 homosexuelle Männer, 20 homosexuelle Frauen (davon konnten nur 18 verwendet werden), damit verfügen wir über eine der größten Stichproben funktioneller und struktureller MR Daten von Transgender Personen. Wir haben uns zudem aktuell einer Initiative von Sven Müller (Ghent) und Eileen Luders (UCLA) zu einer Mega-Analyse in Transgender MRT angeschlossen, die sich dem ENIGMA Konsortium anschließt und versucht, die neuronalen Korrelate von Transgender Personen durch Datenpoolung besser zu erforschen. Die Diskrepanz bei Transmännern zwischen dem biologisch weiblichen Geschlecht und der männlichen Geschlechtsidentität konnte gut anhand unserer Daten abgebildet werden – die Verhaltensmaße und neuronalen Aktivierungsmuster der Transmänner unterschieden sich sowohl von den Frauen als auch von den Männern. Im direkten Vergleich der fMRT-Daten von Transmännern und Transfrauen ergaben sich zum Teil ähnliche Muster wie im Vergleich von Cismännern und Cisfrauen. Die Analyse des Paradigmas zur Geschlechtsstereotypverarbeitung bei Transgender ist noch in Bearbeitung . Im Rahmen einer neu aufgebauten Kooperation mit Prof. Inger Sundström Poromaa und Jonas Engman der Uppsala University (Schweden) sollen auch Effekte der Hormontherapie auf die funktionelle Konnektivität der Amygdala untersucht werden und mit den bisher von dieser Gruppe publizierten Daten zu Geschlechtsunterschieden und Geschlechtshormon-Einflüssen in Vergleich gesetzt werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
More than Just Two Sexes: The Neural Correlates of Voice Gender Perception in Gender Dysphoria. PLoS ONE, 9(11), e111672.
Junger, Jessica; Habel, Ute; Bröhr, Sabine; Neulen, Josef; Neuschaefer-Rube, Christiane; Birkholz, Peter; Kohler, Christian; Schneider, Frank; Derntl, Birgit & Pauly, Katharina
-
The transsexual brain – A review of findings on the neural basis of transsexualism. Neuroscience & Biobehavioral Reviews, 59 (2015, 12), 251-266.
Smith, Elke Stefanie; Junger, Jessica; Derntl, Birgit & Habel, Ute
-
Am I female or male? Neural correlates of gender identity. OHBM, Vancouver, Kanada (Poster)
Derntl B., Smith, E., Junger, J., Pauly, K., Schneider, F. & Habel, U.
-
Male‐to‐female gender dysphoria: Gender‐specific differences in resting‐state networks. Brain and Behavior, 7(5).
Clemens, Benjamin; Junger, Jessica; Pauly, Katharina; Neulen, Josef; Neuschaefer‐Rube, Christiane; Frölich, Dirk; Mingoia, Gianluca; Derntl, Birgit & Habel, Ute
-
Gender incongruence and the brain – Behavioral and neural correlates of voice gender perception in transgender people. Hormones and Behavior, 105, 11-21.
Smith, Elke; Junger, Jessica; Pauly, Katharina; Kellermann, Thilo; Neulen, Joseph; Neuschaefer-Rube, Christiane; Derntl, Birgit & Habel, Ute
