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Abschreiben - Umschreiben - Einschreiben. Praktiken der Dekomposition und Rekomposition in der volkssprachigen Mystikrezeption des 15. Jahrhunderts

Fachliche Zuordnung Germanistische Mediävistik (Ältere deutsche Literatur)
Förderung Förderung von 2009 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 132566295
 
Zu den herausragenden Monumenten deutscher Literatur des Mittelalters zählt die gelehrte, geistliche Prosaliteratur der Dominikaner des späten 13. und 14. Jahrhunderts, in deren Zentrum die Schriften Meister Eckharts, Heinrich Seuses und Johannes Taulers stehen. Während die philosophische Forschung mit Nachdruck die denkgeschichtliche Kontextualisierung betreibt, ist die umfassende Erforschung der literarischen Rezeption dieser Texte im 14. und 15. Jahrhundert, allen voran der Predigten Meister Eckharts, die den zentralen Untersuchungsgegenstand des vorliegenden Forschungsantrags bilden, weiterhin dringendes Desiderat. Diese Mystikrezeption steht unmittelbar im Zentrum komplexer Prozesse der Neuformierung der Klosterkultur im späten 14. und 15. Jahrhundert und der Transformation theologischer und frömmigkeitsgeschichtlicher Modelle. In engem Zusammenhang mit dem Transfer theologischen Wissens stehen tief greifende Revisionen religioser Konzepte der Vervollkommnung und Heiligung (vita religiosa); und die Dynamik dieses Wandels ist insofern von einer widersprüchlichen Bewegung gekennzeichnet, als die Programmatik von ‚Reform’ und ‚Observanz’ mit ihrem Anspruch auf ‚Renovatio’ zwar einerseits an Ursprungsmodellen anknüpft, aber andererseits unverkennbar dem allgemeinen Prozess funktionaler Ausdifferenzierung zuzurechnen ist. Die Restitution des ‚Alten’ erweist sich demnach als Modernisierungsschub. Andererseits besteht die Leistung der ‚dominikanischen Mystik’ (der Mystikbegriff wird hier nicht spirituell, sondern kommunikationsgeschichtlich verstanden) in einer Entparadoxierung der abendländischen Klosterkultur, denn die Vorstellung der Sanktifizierung des Menschen allein auf Grundlage der Gottessohnschaft des inneren Menschen stellt die institutionellen und symbolischen Formen der kirchlich-kulturellen Ordnungen weit vor der Reformation auf den Prüfstand. Ziel des Projektes ist es, anhand von Paradigmen der Rezeption eines ausgewählten Textcorpus, der Predigten Meister Eckharts, Spannung, Brisanz und Ergebnisse einer historischen Kollision zu beschreiben: Einerseits führt die Legitimationskrise religioser Lebensformen im ausgehenden 14. und beginnenden 15. Jahrhundert zu Reformierung, Katechetisierung und Ausdifferenzierung, andererseits muss es in diesem Prozess zu einer Auseinandersetzung mit der radikalen Interiorisierung der Transzendenz in der europäischen ‚Mystik’ kommen, die ein religioses Leben in der semantisch-symbolischen Matrix klösterlicher und klosterähnlicher Kulturen prekär werden lässt.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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