Das Projekt widmet sich der Frage, wie Wissenschaftsverlage bei ihren Entscheidungen darüber, welche Bücher, Zeitschriften und Zeitschriftenbeiträge sie publizieren, wissenschaftliche Gesichtspunkte auf der einen, wirtschaftliche Gesichtspunkte auf der anderen Seite berücksichtigen und zueinander ins Verhältnis setzen. Untersucht wurden die Verlage der Chemie sowie der deutschen Soziologie: Als finanzstarke global player sind Chemieverlage einerseits in der Lage, technische Innovationen voranzutreiben und damit den sich im Zuge der Digitalisierung wandelnden Kommunikationsbedürfnissen ihrer scientific community Rechnung zu tragen. Andererseits müssen die Chemieverlage die hohen Rendite-Erwartungen der sie tragenden Investoren erfüllen. Exorbitante Preissteigerungen bei Zeitschriften, insbesondere jedoch die Umstellung der Verkaufsstrategie vom Einzelprodukt zu digitalen Buch- und Zeitschriften-Paketen, deren Preis turnusmäßig zwischen Verlag und Bibliotheken individuell verhandelt wird, bergen ein großes Risiko für das wissenschaftliche Kommunikationserfordernis der Distribution. Kann sich eine Bibliothek die Pakete finanziell nicht mehr leisten, droht die Literaturversorgung der Wissenschaftler der betreffenden Universität oder Forschungseinrichtung zusammenzubrechen. Soziologieverlage identifizieren sich einerseits stark mit dem Fach, woraus eine prinzipiell hohe Bereitschaft erwächst, auf die Kommunikationsbelange der Wissenschaft einzugehen. Noch zu Beginn der 2000er Jahre zeichnete sich das Verhältnis zwischen Verlagsfeld und scientific community durch ein hohes Maß an Funktionalität aus. Die Digitalisierung setzt das gesamte Feld aber nun massiv unter Ökonomisierungsdruck; kleinere und selbst mittelgroße Verlage stoßen hier aufgrund ihrer beengten finanziellen Lage rasch an ihre Grenzen, so dass sie die Distributionsfunktion nicht mehr in dem von den Wissenschaftlern in ihrer Rolle als Leser geforderten Maß erfüllen können. Umgekehrt vernachlässigen die größeren Verlage die auch oder sogar zuvorderst von Wissenschaftlern in ihrer Rolle als Autoren erwartete Selektion nach Qualität und Strukturierung entlang spezifischer thematischer Profile. Beide Verlagsfelder befinden sich somit infolge der Digitalisierung in einer Phase des Umbruchs. Im Feld der Chemieverlage stoßen die Renditeforderungen der Investoren aufgrund nicht weiter wachsender Bibliotheksbudgets an ihre Grenzen, und es wird sich zeigen, wie lange Wissenschaftsverlage dann noch als Anlageobjekte attraktiv sind. Im Feld der Soziologieverlage deuten sich erste Anzeichen eines Konzentrationsprozesses an. Hier wird sich zeigen, ob es durch Integration in nationale Verlags-Gruppen gelingt, einerseits den Pluralismus von Verlagsprofilen weiter aufrechtzuerhalten und andererseits bei der Digitalisierung insbesondere der Distribution aufzuholen. Hier bieten sich Anschlüsse für weitergehende Forschungen.