Staatliche Verwaltungsarchitektur der 1950er Jahre in der Bundesrepublik. Demokratische Bauten, demokratische Verwaltung, demokratische Menschen
Final Report Abstract
Das Thema der Untersuchung war die (Wieder-)Errichtung der Verwaltung in der Bundesrepublik der 1950er Jahre. Im Rahmen einer exemplarischen Untersuchung – beleuchtet wurden das Bundeskriminalamt in Wiesbaden und der Bundesrechnungshof in Frankfurt am Main – wurde untersucht, wie die institutionelle und die baulichen Seite der (Wieder-)Errichtung der beiden Behörden wahrgenommen und in Zusammenhang gebracht wurden und welche Bedeutung diese Prozesse für die strukturelle und ideelle „Ausformung“ der jungen Bundesrepublik hatten. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass in den mit der (Wieder-)Errichtung zusammenhängenden Geschehnissen sowohl in faktischer wie in „ideeller“ Hinsicht die Exekutiven im Zentrum standen und/oder ins Zentrum gestellt wurden – und als Gegenpole gestalterischer, demokratischer Kräfte und Tendenzen erschienen und/oder begriffen wurden. So waren nicht nur die Bundesregierung und die jeweiligen städtischen Magistrate wichtiger als der Bundestag und die jeweiligen Stadtverordnetenversammlungen, sondern auch sozioökonomische Faktoren (in der Herangehensweise und den Entscheidungsfindungen) wichtiger als architektonisch-ästhetische. Ganz ähnlich sah es bei der Wahrnehmung der (wieder-)errichteten Institutionen und ihrer neuen Gebäude aus: Die Gebäude wurden zwar in aller Regel beschrieben, als funktionale und „moderne“. Vertiefte Auseinandersetzungen und Versuche, diese Form mit dem Inhalt – als der Behörde und/oder dem sie errichtenden Gemeinwesen – in Beziehung zu setzen, waren jedoch nur in Ansätzen zu beobachten. Wiewohl sich diese Zurückhaltung aus verschiedenen Quellen und Motivlagen speiste, wurden, unterm Strich, die modernen Bauten jedem gestaltenden Anspruch oder gestalterischen Dimension enthoben: Als gestaltete Bauten wurden sie nur andeutungsweise, als gestaltende (im Sinne, dass sie Bedeutung für Behörde/Staat entfalteten) so gut wie gar nicht wahrgenommen. Ähnliche wurde in der Wahrnehmung den betrachteten Behörden, ganz traditionell, Sachorientierung und Regelgeleitetheit als (lobenswerte und exklusive) Spezifika zugeschrieben und, übergreifender, (Selbst-)Bilder eines rationalen, berechenbaren Staatshandelns gezeichnet. Diesem wurden, auch das war tradiert, alle demokratischen Kräfte und/oder Tendenzen zumindest tendenziell entgegengestellt – und die mit letzteren verbundene Gestaltungsansprüche als willkürliche identifiziert. Wurde dieses Gegensatzpaar auf die (jüngste) Vergangenheit bezogen, entfiel jede Notwendigkeit, die Rolle, die tradierte – bürokratische und staatliche – Strukturen im Nationalsozialismus gespielt hatten, zu thematisieren. Wurde es auf die Gegenwart bezogen, wurde, zumeist, die Reichweite der (durch das Grundgesetz verbürgten) Demokratie eingehegt. Allerdings lassen sich hier verschiedene Konzepte differenzieren und eine Tendenz zu technokratischen Modellen ausmachen. Letzteres weist darauf hin, dass die Wiederbelebung des klassischen (Selbst-)Bildes des exekutivistischen, objektiven Staats nicht zur Gänze erfolgte oder erfolgen konnte. Denn wenn dieser, wie beschrieben, in funktionaler Form in Erscheinung trat, verzichtete auf eine (eigene) Gestalt und – damit – auf Repräsentation im Sinne von Prachtentfaltung, aber auch im Sinne einer nach klassischer Ansicht notwendigen und primär durch die Architektur zu leistenden Visualisierung seiner Einheit und Wesenhaftigkeit. Den nur kurze Zeit später erhobenen Fragen und Forderungen nach einer – demokratischen – Gestalt(ung) des neuen Gemeinwesens waren damit Tür und Tor geöffnet.
Publications
- Staatliche Verwaltungsarchitektur der 1950er Jahre in der Bundesrepublik. Forschungsstand, Problemstellung und Perspektiven, Juli 2011 (FÖV Discussion Papers, Nr. 67)
Kutting, Dennis