Die Diversität von Prädatoren in Graslandbiotopen - Effekte auf das Pflanzenfresser-Pflanzen-System
Final Report Abstract
Die Grundlage für ein biologisches Konzept eines Ökosystems bildet die Differenzierung in trophische Kompartimente, die über Stoffflüsse miteinander in Verbindung stehen. Ein Netzwerk aus Interaktionen und Stoffflüssen bildet das Bindeglied zwischen der Gemeinschaft der Organismen und dem eher prozessorientierten Ökosystem-Modell. Ameisen gehören neben den Menschen weltweit zu den vorherrschenden Landorganismen und beeinflussen in besonderem Maße das Leben zahlloser anderer Pflanzen und Tiere. Ihre Sozialität ermöglicht eine effektive Nutzung vorhandener Ressourcen; durch Kooperation und Kommunikation können sie ihre Umwelt praktisch nach Belieben kontrollieren und verändern. Auch in Mitteleuropa können Ameisen als boden- und streubewohnende eusoziale Prädatoren durch ihre zentrale Stellung im Nahrungsnetz das Gefüge der Interaktionen sowohl von der Basis her durch Modulation der Ressourcenverfügbarkeit (‘bottom-up’-Wirkungen) als auch von der Spitze her durch Fraßdruck auf ihre Beutetiere (‘top-down’-Kontrolle) beeinflussen. Spinnen als zweite wichtige Prädatorengruppe verwirklichen als solitäre Arten mit rein zoophager Ernährung eine von den sozialen Insekten grundlegend verschiedene Lebensstrategie. Bei den Spinnen können nach dem Prinzip des Beutefangs die Fallen stellenden Netzspinnen und die aktiv jagenden vaganten Spinnen als funktionelle Gruppen unterschieden werden. Die Effekte der Artenvielfalt, die Interaktionen zwischen Ameisen und Spinnen und ihre jeweilige Wirkungen auf Phytophage wurden durch Freiland-Ausschluss- Experimente und ihre Stellung im Nahrungsnetz durch Analyse der natürlichen Gehalte stabiler Isotope bestimmt. Alle drei funktionellen Prädatorengruppen haben das Potential, ihre Beutedichte maßgeblich zu beeinflussen, vagante Spinnen stehen dabei meist eine trophische Ebene über den Netzspinnen und den Ameisen, die erstaunlich ähnliche Isotopen-Gehalte aufweisen. Die Isotopen-Analyse bestätigte weiterhin, dass generalistische Zoophage einen erheblichen Anteil ihrer Nahrung aus dem Zersetzer-Nahrungsnetz erhalten. Zunehmende Diversität der Spinnen innerhalb der beiden funktionellen Gruppen erhöht dieses Potential zur top-down-Kontrolle. Ameisen haben als Boden-Ingenieure gleichzeitig einen deutlichen Einfluss auf die Ressourcenverfügbarkeit, die mikrobielle Gemeinschaft im Boden, das Wachstum wichtiger Pflanzenarten und die Gemeinschaft der Bodentiere, ähnlich wie z.B. Regenwürmer, wenn auch stärker räumlich konzentriert. Die drei funktionellen Prädatorengruppen üben auch sehr starke direkte und indirekte Wirkungen aufeinander aus, was teilweise erhebliche Auswirkungen auf ihre Effekte im Nahrungsnetz haben kann. In einfach strukturierten Grasland-Systemen, in denen top-down- Effekte eindeutiger ausgeprägt sind als in hochdiversen, wurden überraschend starke positive Interaktionen zwischen den Prädatoren und auch positive indirekte Effekte von Ameisen auf das Pflanzenfresser-Pflanze-System festgestellt, die zur Kompensation der direkten negativen Effekte führen. Durch zusätzlich durchgeführte gezielte Freilandstudien konnte die Wirkung der Nest-bauenden Ameisen auf Bodentiere als entscheidender Pfad für diese förderlichen Wirkungen ('facilitation') herausgearbeitet werden. Solche Interaktionen der oberirdischen Fauna mit dem Zersetzer-Nahrungsnetz sollten sowohl bei funktionellen Untersuchungen als auch bei der Übertragung auf Anwendungssysteme, wie z.B. in der biologischen Schädlingsbekämpfung, Berücksichtigung finden. Anhand des Ingenieursnetzes mit den Wechselwirkungen der Schlüsseltiergruppen zu ihrer Umwelt wird deutlich, dass neben den trophischen Beziehungen strukturierende Wirkungen, besonders im Boden, mit ihren meist positiven Interaktionen eine wesentliche Funktion in naturnahen terrestrischen Ökosystemen haben.
Publications
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