Konzeption, Herstellung, Erprobung und Spezifikation eines streifigkeitsangepassten Mikrotasters aus Kunststoff zur Verwendung in einem dreidimensionale Koordinatenmessgerät. (Kurzname: Mikropolymertaster)
Final Report Abstract
Die zunehmende Miniaturisierung von Komponenten stellt immer höhere Anforderungen an die dimensionelle Messtechnik. Bei der taktilen Messtechnik kommen sogenannte Taster zum Einsatz, die durch eine kraft- oder auslenkungsgeregelte Positionserfassung Antastpunkte auf Werkstückoberflächen erfassen. Die Antastpunkte werden anschließend ausgewertet und dienen zur Analyse und Prüfung von Werkstoff- und Funktionseigenschaften sowie von Geometriemerkmalen, wobei Maße, Form und Lage eine entscheidende Rolle für die Qualitätskontrolle spielen. Bei der Messung von Mikrostrukturen kommen meistens Mikrokoordinatenmessgeräte mit Mikrotastern zum Einsatz, deren Tastkugeln einen Durchmesser von 120-300 µm haben. Solche kommerziellen Mikrotaster sind kostspielig, auf einfache Geometrien begrenzt und gleichzeitig sehr zerbrechlich. Das Ziel des Projekts ist daher die Konzeption, Herstellung, Erprobung und Spezifikation eines steifigkeitsangepassten Mikrotasters aus Kunststoff zur Verwendung in einem dreidimensionalen Koordinatenmessgerät. Durch neue kosteneffizientere Fertigungsverfahren können solche Mikrotaster neue Perspektiven eröffnen und eine deutlich bessere Zugänglichkeit der Mikromesstechnik ermöglichen. Der Mikrotaster besteht aus einem Kraftsensor und einem vertikal ausgerichteten Taststift. Mit Außenabmessungen von 6,5 mm x 6,5 mm und einer Schaftlänge von min. 5 mm sind mit dem Mikrotaster taktile Messungen von 3D-Mikrostrukturen gut zu realisieren. Das Sensorelement wird mittels Volumen- und Oberflächen-Mikromechanik aus Silizium hergestellt. Basierend auf dem piezoresistiven Effekt ermöglicht die Sensorik mit K-Faktoren (Maß für Empfindlichkeit), welche bis zu 100 Mal größer sind als bei Standarddehnungsmessstreifen, Kraftmessungen ab wenigen Mikronewton. Dafür werden die in den Sensor eindiffundierten Piezowiderstände in vier Wheatstoneschen Messbrückenanordnungen miteinander verbunden. Die Wheatstoneschen Messbrücken ermöglichen das Erfassen von Piezowiderstandsänderungen, die aufgrund kleiner Kräfte und der in der Membran verursachten Verformungen entstehen. Die Prozessentwicklung für die Herstellung von neuartigen Mikrotastern mit Polymerelementen ist auf die Reduzierung der Kosten bei gleichzeitiger Erhöhung der Verfügbarkeit an Tastern und Reduzierung des Tastkugeldurchmessers konzentriert. Mittels Funkenerosionsprozessen lassen sich beliebige Formen in leitfähigen Materialen herstellen. Dabei sind die Materialeigenschaften wie die Leitfähigkeit sowie die Erosionsparameter für jedes Material und jeden Fertigungsvorgang neu zu beachten. Monolithische Mikrotaststifte werden somit mittels Drahterosion aus einer Hartmetall-Elektrode komplett herauserodiert. Sie setzen sich aus einer Kugel und einem Schaft zusammen, sodass keine aufwendige Montage erforderlich ist. Mittels dieses Fertigungsprozesses werden Mikrotaststifte mit einem Tastkugeldurchmesser von 300 bis 50 µm kosteneffektiv und mit Formabweichungen kleiner als 2 µm hergestellt. Die gefertigten Taststifte werden direkt auf die Kraftsensoren montiert und so in der taktilen Koordinatenmesstechnik verwendet. Solche Taststifte werden auch als Werkzeug-Elektroden für weitere Erosionsvorgänge verwendet. Bei Letzteren werden durch die kugelförmige Werkzeug-Elektrode kugelförmige Kavitäten mittels eines Senkerosionsverfahrens (Die Sinking Erosion) hergestellt. Die erodierten kugelförmigen Kavitäten haben einen Durchmesser von 300 bis 50 µm mit einer Formabweichung von 1 bis 2 µm. Diese Mikrokavitäten wurden als Grundelemente einer Spritzgussform verwendet, um die Tastspitzen von Mikropolymertaststiften zu realisieren. Hinsichtlich der Kraftsensoren wurden ausführliche Untersuchungen zur Empfindlichkeitssteigerung und zur Steifigkeitsreduzierung durchgeführt. Dafür wurden sowohl die Membrandicke und –form als auch die Position und die Orientierung der Piezowiderstände variiert und optimiert. Hierbei wurden klassische Voll- und Kreuzmembranen aus Silizium weiterentwickelt sowie Sensoren mit neuartigen Polymermembranen aus dem Laminierresist DuPont™ PerMX™ 3050 und 3020 hergestellt. Die Polymermembranen weisen gegenüber Silizium-Membranen eine deutlich geringere Steifigkeit und eine größere Bruchgrenze auf. Hybride Sensorelemente mit Polymermembranen als Federstruktur und Siliziumbalken mit eindiffundierten Piezowiderständen als Sensorik haben den Vorteil kleiner Steifigkeiten bei gleichzeitig großer Empfindlichkeit. Somit sind Antastkräfte geringer, sodass Messungen ohne Oberflächenkratzer möglich sind, und die Robustheit des Systems ist gestiegen. Auf den Sensorelementen werden Taststifte aus Polymer und aus Hartmetall mit einem Tastkugeldurchmesser bis zu 50 µm und Schaftlängen von min. 5 mm zu einem Mikrotaster montiert. Der Mikrotaster wird dann auf einer doppelseitigen Platine mittels Flip-Chip-Technologie gleichzeitig elektrisch kontaktiert und mechanisch befestigt. Die Platine ist in einer neuartigen Hülse montiert und fixiert. Die Hülse beinhaltet ein Clip-System und wird auf einen Adapter geschoben und dort fixiert. Sie ermöglicht eine gute Handhabung und eine gewisse Flexibilität beim Sensorwechseln. Der Adapter ist auf einem Wechselteller festgeschraubt, welcher eine gängige Schnittstelle für Taster an Koordinatenmessgeräten bildet. Die vier elektrischen Signale aus dem Mikrokraftsensor werden mittels Federkontakten und einer isolierten Verkabelung von der doppelseitigen Platine durch die Hülse zum Verstärker und weiter zur Steuerung vom Koordinatenmessgerät geleitet. Die vier Spannungen werden in einem Mikrocontroller bearbeitet und mittels einer Umrechnungsmatrix in 3D-Auslenkungen umgerechnet, sodass sich der Mikrotaster genauso wie das Standard-Messsystem des Koordinatenmessgerätes anwenden lässt. Somit sind das Einmessen des Mikrotasters an einer Kalibrierkugel und ferner die Messung von Verzahnungen mit konventionellen Messroutinen möglich. Im Vergleich zu Standardkoordinatenmessgeräten, die meistens Kugeldurchmesser erst ab 300 µm anbieten, sind mit dem Mikrotaster nun Messungen mit einem Tastkugeldurchmesser zwischen 50 und 300 µm möglich, sodass der Mikrotaster eine generelle Erweiterung für vorhandene und neue Koordinatenmessgeräte angesehen werden kann. Nach der Integration des Mikrotasters in ein Verzahnungsmessgerät wurden die Winkelabweichungen (fHα, fHβ), die Formabweichungen (ffα, ffβ) und die Gesamtabweichungen (Fα, Fβ) an den Profil- und Flankenlinien eines Mikroverzahnungsnormals mit Modulen zwischen 0,1 und 1 mm gemessen. Die Ergebnisse wurden mit den Kalibrierwerten verglichen. Die Ergebnisse vom Mikrotaster zeigen Abweichungen im Submikrometerbereich im Vergleich zu den Kalibrierwerten und gleichzeitig eine sehr hohe Reproduzierbarkeit im Bereich einiger 10 nm. Darüber hinaus ist es erstmals möglich, mit solchen Mikrotastern mit einem Tastkugeldurchmesser von 50 µm Messungen durchzuführen, die sonst taktil nicht möglich sind (z.B. Modul 0,1 mm).
Publications
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(See online at https://doi.org/10.1088/0957-0233/25/6/064016) - „Coordinate Measurement on Wafer Level – from Single Sensors to Sensor Arrays“, in Sensing Technology: Current Status and Future Trends 3, Cham: Springer 2015, pp 377-398
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