Experimental Creating: Formations of Literary Knowledge in Victorian Britain 1850-1900
Final Report Abstract
Basierend auf einem allgemeinen Verständnis der Begriffe ‘Schreiben’ (Spuren erzeugen) und ‘Experimentieren’ (Beobachtungen provozieren) wurde die These entwickelt, dass das Experimentelle ebenso Teil des Verfahrens ist, durch das Literatur entsteht wie das Literarische Teil des Verfahrens ist, durch das Wissenschaft entsteht. In dieser Sicht schließen das Experimentelle und das Literarische einander nicht aus, sondern sind ineinander enthalten: Schreiben ist genauso ein Modus des Experimentierens wie Experimentieren ein Modus des Schreibens ist. Mit Hilfe des so explizierten wechselseitigen Eingeschlossenseins von Experimentieren und Schreiben wurde die Forschung zu Literatur und Wissenschaft im neunzehnten Jahrhundert durch einen dezidiert praxis- und prozessorientierten Zugang ergänzt. Mit Hilfe dieses Ansatzes konnte gezeigt werden, dass die Kategorien und Diskurse, nach denen viktorianische Aktivitäten des Forschens und Hervorbringens oftmals geordnet werden als weitaus unreiner und unfertiger gedacht werden müssen als es die historische Analytik gesellschaftlicher Diskurse und Systeme nicht selten auch dann noch zu tun pflegt, wenn sie von Interaktionen und Austauschvorgängen zwischen ihnen spricht. Wie die aus dem Projekt hervorgegangene Monographie im Detail herausarbeitet, verlaufen die Wege viktorianischer Wissensproduktion nicht auf festen Transportschienen, deren Verlauf durch prädefinierte Anfangs- und Endpunkte wie etwa literature und science strukturiert und bestimmt ist. Ihre Grundlage ist weniger die Idee eines Wissens, das durch abstrakte oder transzendentale Kategorien vorgeordnet ist als der Prozess einer Erfahrung, die nicht nur dynamisch und pluralistisch, sondern auch offen ist für überraschende Vorkommnisse und Wendungen. Das Buch plädiert deshalb dafür, eine Vielzahl unterschiedlicher Texte aus Wissenschaft, Philosophie, Dichtung und literarischer Fiktion als ways of knowing zu lesen, als experimentelle Aktivitäten der Erkundung und Suche anstatt als Strukturen zur Repräsentation von Wissen. Viktorianisches Wissen muss, entschiedener denn je, als ein Wissen im Übergang begriffen werden, als ein praktisches Wissen auf dem Weg zu einer Struktur, die es noch nicht oder nicht mehr hat. So gesehen erscheint es weitaus moderner und aktueller als sein Ruf.
Publications
- “Transport, Wayfaring and Ways of Knowing in Victorian Writing.” REAL Yearbook of Research in English and American Literature 28 (2012): Mobility in Literature and Culture 1500-1900, 285-311
Philipp Erchinger
- “‘Moving Things into Certain Places’: Nature, Culture and Art as Practice in Victorian Writing.” Literature Compass 9.11 (2012): Literature and Philosophy 1850-1910, 786-800
Philipp Erchinger
- “Mobility, Movement, Method and Life in G.H. Lewes.” Perspectives on Mobility. Ed. Ingo Berensmeyer and Christoph Ehland. Amsterdam/New York: Rodopi, 2013, 151-175
Philipp Erchinger
- Artful Experiments: Ways of Knowing in Victorian Literature and Science. (Edinburgh Critical Studies in Victorian Culture) Edinburgh Univ. Press 2018. 320 S. - 9781474438957
Philipp Erchinger