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Funktionsweisen und Struktur evidenzieller Markierungen im Slavischen (integrative Theorie mit Aufbau einer Datenbasis)

Subject Area Individual Linguistics, Historical Linguistics
Term from 2009 to 2014
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 164109367
 
Final Report Year 2015

Final Report Abstract

Das Projekt befasste sich mit der Inventarisierung lexikalischer (bzw. extragrammatischer) Mittel der Markierung evidenzieller Funktionen in sechs slavischen Sprachen (Russisch, Polnisch, Slovakisch, Kroatisch, Serbisch, Bulgarisch) nach möglichst einheitlichen Beschreibungsprinzipien. Zu diesen Mitteln zählen vorrangig diverse sog. Funktionswörter (Partikeln, Komplementierer) und Satzadverbien. Zur Erfassung diente ein onomasiologisches Raster evidenzieller Funktionen auf der Grundlage bestehender typologischer Ansätze, die bisher allerdings im wesentlichen auf grammatische (d.h. morphologisierte und in striktere Paradigmen gefasste) Einheiten beschränkt waren, sowie von Ansätzen an der Semantik-Pragmatik-Schnittstelle, wobei wir uns zielgemäß auf hinreichend konventionalisierte Einheiten beschränkten. Besonderes Augenmerk galt ferner dem Verhältnis evidenzieller zu epistemischen Funktionen (den sog. "epistemic overtones") einerseits und einem Kontinuum zwischen Lexikon und Grammatik andererseits; aufgrund des letzteren wurden auch Modalauxiliare und Raising-Konstruktionen einbezogen, die evidenzielle Extensionen aufweisen (z.B. poln. Mieć + Infinitiv, Realisierungen diverser SEEM-Verben). Die inventarisierten Einheiten sollten ursprünglich den Grundstock einer Datenbasis liefern. Eine solche Datenbasis konnte allerdings nur ansatzweise erstellt werden. Die Gründe dafür liegen in letztlich unzureichender wissenschaftlicher Logistik, aber auch im Mangel komparativer Konzepte, die sowohl das Bedeutungspotential als auch das morphosyntaktische Verhalten relevanter Marker ausreichend konsistent abdecken könnten. Eine weitere objektive Ursache bestand in der Validität von Akzeptabilitätsurteilen, die Informanten über die Verwendung evidenzieller Markierungen abgeben können, sowie auch in einer nicht-zirkulären Bedeutungsbeschreibung, u.a. durch formalsemantische Verfahren. All diese Probleme bestehen weiterhin auch außerhalb des hier referierten Projekts, sie sind kennzeichnend für die gesamte Forschungslandschaft. Das Projekt hat in sehr krasser Form vor Augen geführt, in welcher Weise Schlüsse über die Bedeutungsbeschreibung evidenzieller (sowie generell propositionaler) Markierungen vom Datentyp, der verwendeten Methode und grundlegenderen theoretischen Prämissen abhängen, und zwar deutlicher noch als bei paradigmatisch strikteren Strukturen. Dieses Fazit gilt, auch wenn über das Projekt eine ganze Reihe von bereits bestehenden Ansätzen zur Subklassifizierung evidenzieller Einheiten empirisch untermauert und zum Teil ergänzt werden konnten. Aus der gerade dargestellten größtenteils negativen Einsicht erhärtete sich freilich die Erkenntnis, dass als Pendant zu einer lexikographischen Erfassung propositionaler Markierungen eine wirklich stringente Trennung von semantischen (coded) und pragmatischen (inferred) Komponenten im Bedeutungspotential vonnöten ist. Eine solche Trennung ermöglicht es, Idiosynkrasien von regulären Mechanismen der Bedeutungskonstituierung, wie sie sich auf der Äußerungsebene einstellen, zu unterscheiden; insbesondere erlaubt sie, notorische epistemische „Nebentöne“ als Resultate Generalisierter Konversationeller Implikaturen (im neo-grice'schen Sinn) zu identifizieren und damit die lexikographische Erfassung evidenzieller Einheiten zu entschlacken. Das oben dargestellte negative Fazit führte aber auch zu der verstärkten Einsicht, korpusbasierte Analysen von Markern, für die evidenzielle Kernfunktionen anzunehmen waren, durch Questionnaire-Befragungen zu ergänzen. Der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung einer solchen Befragung für die o.g. sechs Sprachen war im weiteren Verlauf der größte Teil des Projekts gewidmet. Die Ergebnisse dieser Befragung, aber auch die theoretisch-methodologischen Hintergründe - insbesondere die Probleme, welche sich in der Erforschung evidenzieller (und anderer propositionaler) Markierungen anhand verschiedener Datentypen stellen - sind Gegenstand des Buches "Catching the Elusive", welches zum Druck vorbereitet wurde und demnächst erscheinen wird.

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