Heimliche Strafverfolgung und Privatheit - Eine vergleichende und interdisziplinäre Analyse des deutschen, englischen und europäischen Rechts sowie des Völkerstrafrechts
Final Report Abstract
Der Ertrag der Habilitationsschrift entfaltet sich in verschiedene Richtungen: Wie vom Erstgutachter ganz zu Recht gefolgert, nimmt die Arbeit den deutschen Gesetzgeber in die Pflicht. Mit der Bundesministerin der Justiz, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, ist abgesprochen, dass ein Exemplar der veröffentlichten Arbeit im zuständigen Referat ihres Ministeriums bei künftigen Gesetzesänderungen der StPO berücksichtigt werden wird. Als wissenschaftliche Qualifikationsschrift befeuert die Untersuchung dann selbstverständlich auch die akademische Diskussion der behandelten Rechtsprobleme. Dieser Einfluss betrifft im strafprozessualen Sinne sowohl die Frage der Normierung und systematischen Ordnung der polizeilichen Ermittlungsbefugnisse wie auch die Belebung der länger anhaltenden Debatte zum Schutz der Zeugnisverweigemngsberechtigten oder der Beweisverbotslehre. Die hier hervorzuhebenden Innovationen der Habilitationsschrift sind streiflichtartig die streng grundrechtsakzessorisehe Befugnisnormierung, die an der Zeugnisleistung festgemachte Schutzübertragung der Zeugnisverweigemngsrechte und eine unter Fortschreibung der Vorarbeiten von Klaus Rogall sog. normative Fehlerfolgenlehre des Beweisrechts. Eben diese zweiteilige, die Theorie und Praxis gleichermaßen in den Blick nehmende Einflussrichtung weist die Arbeit auch für ihren Teil zum englischen Recht auf: Einerseits trägt sie mit ihren kodifikationsbezogenen Analysen zu einer Optimierung der englischen Gesetzesrechtslage bei. Zum anderen fordert die Arbeit nicht nur wesentliche Erkenntnisse des englischen Rechts als Vergleichs- und Kontrollmaßstab für das deutsche Recht zu Tage. Sie beteiligt sich darüber hinaus selbst an den Kontroversen zur englischen Rechtslage, etwa zur Wirkungsweise und zum Geltungsbereich besonderer Schutzrechte vor heimlicher Ausforschung für Angehörige und Strafverteidiger (sog. privileges) oder dem Privatheitsschutz durch den Ausschluss von auf heimliche Weise rechtsfehlerhaft (z.B. ohne die erforderliche richterliche Anordnung) erlangten Beweisen. Nicht zu unterschätzen ist der Erkenntnisgewinn der Untersuchung auch, soweit das Strafrecht der Europäischen Union und das sog. Völkerstrafrecht betroffen sind. Denn sofern Ermittlungsbehörden wie Europol oder die Staatsanwaltschaft des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag eines Tages heimliche Aufklärungsbefugnisse erhalten sollten, sind diese entsprechend der strikten Vorgaben des Art. 8 Abs. 2 EMRK genau zu normieren. Entsprechende Regelungsvorschläge unterbreitet die Arbeit auch zum Schutz von Zeugnisverweigerungsrechten und zu den Voraussetzungen und Folgen von Beweisverwertungsverboten. Weil sie sich in methodischer Hinsicht auch der Rechtsvergleichung bedient, stärkt die Habilitationsschrift zudem diese Disziplin in der aktuellen Diskussion um den Stellenwert der Rechtsvergleichung. Nicht zuletzt fordert die Arbeit mit ihren ausdrücklichen Übernahmen allgemeinnormativer Erkenntnisse auch den interdisziplinären Dialog zwischen Rechtswissenschaft und Philosophie.