Feedbackverarbeitung beim motorischen Lernen unter besonderer Berücksichtigung von motorischem Rauschen
Final Report Abstract
Menschliche Bewegungen lassen sich nicht identisch reproduzieren. Die unvermeidliche und nicht kontrollierbare Ausführungsvariabilität (Noise) ist vor allem dann von Nachteil, wenn es die Aufgabe erfordert, dass ein bestimmtes Bewegungsergebnis verlässlich hergestellt werden soll. Neben der Reduktion des Noise (Faktor N) kann eine verstärkte Nutzung der Toleranzeigenschaften der Aufgabe (T) und eine höhere Kovariation (C) die Leistung in solchen Aufgaben verbessern. Um diese Faktoren im Rahmen von Lernprozessen zunehmend nutzen zu können, muss das lernende System Rückmeldungen aus mehreren Einzelversuchen gewichtet integrieren. Das Gewicht sollte von einer Schätzung der Verlässlichkeit abhängen. Mit den durchgeführten Untersuchungen soll am Beispiel mehrerer halb‐virtueller Laboraufgaben gezeigt werden, dass • (Fragenkomplex I): ... die Feedback‐Integration tatsächlich genutzt wird, um Anpassungen zu erreichen, insbesondere dann, wenn ausschließlich ein Toleranzgradient gegeben ist. • (Fragenkomplex II): … die Anpassungen schneller erfolgen, wenn die Rückmeldungen als verlässlicher eingeschätzt werden. • (Fragenkomplex III): … die Nutzung der Faktoren T und C durch geeignete Maßnahmen (Guidance und Ergänzungsinformationen) gesteigert werden kann. Bezogen auf die zentralen Fragen des Forschungsprojektes sind folgende Ergebnisse bemerkenswert. In den Untersuchungen zu Fragenkomplex I konnte erstmals experimentell gezeigt werden, dass motorisches Lernen ausschließlich durch einen Toleranzgradienten getrieben werden kann. Sowohl für diagnostische Zwecke als auch für mögliche Trainingsinterventionen bedeutsam ist die zusätzliche Beobachtung, dass die Rate eines toleranzgetriebenen Lernens von der Größe der eigenen Bewegungsvariabilität (Rauschen) abhängt. Zumindest bei experimenteller Manipulation kommt es zu verzögerten Anpassungen, wenn das Ausmaß der unkontrollierbaren Fluktuationen ein bestimmtes Niveau überschreitet. Dieses Niveau wird bei älteren Menschen durchaus erreicht. Die Ergebnisse zu Fragenkomplex II sind ermutigend. Es gibt klare Hinweise darauf, dass Feedback durchaus, wie vermutet, verlässlichkeitsgewichtet über mehrere Übungsversuche integriert wird. Es ist zu erwarten, dass mit den bisher noch ausstehenden Untersuchungen mit dem HapticMaster hier differenziertere Einsichten gewonnen werden können. Die technischen Voraussetzungen dafür sind im Projekt geschaffen worden. Relativ ernüchternd waren hingegen die Ergebnisse zum Fragenkomplex III. Es konnte zwar gezeigt werden, dass bestimmte Patientengruppen spezifische Defizite in der zeitlichen Kontrolle des Abwurfes haben. Die untersuchten Maßnahmen zur Effektivierung des Lernprozesses mit dem Ziel einer besseren Kompensation derartiger Defizite durch verstärkte Nutzung von Kovariation/Äquifinalität bzw. Toleranz waren nur in begrenztem Umfang erfolgreich. Mit einer Führung „Guidance“ gelingt es zwar eine unter dem Äquifinalitätsaspekt günstigere Bewegungstechnik zu vermitteln, dies ist aber (noch) nicht mit besseren Leistungen verbunden. Die Veränderungen des Feedbacks hatten nicht die gewünschten Wirkungen. Offenbar kann ein kognitiv vermitteltes integriertes Feedback die meist unterhalb bewusster Wahrnehmungsschwellen ablaufende bewegungsbegleitende multisensorische Integration nicht ergänzen oder gar ersetzen.
Publications
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