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Katalogisierung unpräparierter Wassermilbenbestände aus dem frühen 20. Jhdt. und Analyse möglicher Faunenveränderungen anhand neuer Freilandstudien.

Fachliche Zuordnung Systematik und Morphologie der Tiere
Förderung Förderung von 2010 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 175296452
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erhalten gebliebene unpräparierte Wassermilbenbestände der Sammlungen K. & K.O. Viets wurden kuratorisch aufgearbeitet. Die Sammlung wurde restauriert, geographisch und systematisch sortiert und ist nun nach Katalogisierung einem normalen Leihverkehr zugänglich. Das Material umfasst über 60.000 Individuen aus mindestens 437 Taxa, darunter Typusmaterial von mindestens 90 Arten. Es enthält neben wertvollen Belegen aus allen Kontinenten die wichtigsten noch erhaltenen Dokumente der mitteleuropäischen Wassermilbenfauna in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Für eine Untersuchung möglicher Veränderungen im Vergleich mit den alten Beständen wurden fünf von Viets besonders intensiv untersuchte Gewässerkomplexe im Bremer Raum ausgewählt. Für eine Interpretation der Ergebnisse wurde anhand alten Kartenmaterials und anderer Dokumente die Landschaftsgeschichte dieser Lebensräume bearbeitet. Anhand des gesamten Materials wird zunächst die Frage nach möglichen Veränderungen im Gesamt-Artenspektrum des Gebietes diskutiert. Insgesamt 56 Arten konnten rezent nicht wieder nachgewiesen werden, dafür wurden 26 Arten erstmals gefunden. Unter den nur in einer Vergleichsperiode gefundenen Arten sind viele, die as Seltenheiten bekannt sind, z.B. Sperchon turgidus und Tartarothyas romanica, die 2011/12 erstmals in Nordwestdeutschland nachgewiesen wurdn. Ein Auftreten von Neozoen kann nicht festgestellt werden, nur für wenige Arten könnten die Zahlen auf einen größerflächigen Rückgang hinweisen. Während sich die Fauna in den Quellbereichen am Bredenberg und im Stoteler Wald als beeindruckend stabil erweist (die Liste der häufigsten Arten hat sich über 100 Jahre nicht verändert hat, die turnover-Rate liegt bei 25 %), zeigt sich an den anderen Gewässern ein stärkerer Faunenwechsel: Im Klosterbach bei Heiligenrode waren zwar alle um 1910 häufigen Arten wiederzufinden, doch dürften zwischenzeitliche Qualitätseinbußen und rezente Erholung zu einem Artenwechsel beigetragen haben. Bei einem turnover von 59 % ist eine starke Umwandlung nicht nur bei den Stillwasserarten festzustellen, sondern auch in der rheophilen Fauna. Im Torfkanal, ebenfalls einem Gewässer, das in den vergangenen Jahrzehnten erheblicher Belastung ausgesetzt war, ist ein ähnlich hoher turnover festzustellen (58 %). Bemerkenswert ist hier vor allem ein Wechsel in der Unionicoliden-Fauna von Muschel-kommensalischen zu Schwamm-kommensalischen Arten (mit der früher überhaupt nicht nachgewiesenen Unionicola minor als rezent häufigster Art), ökologische Charakteristika einiger rezent verschwundener Arten legen nahe, dass - neben zeitweiliger Verschlechterung der Wasserqualität - Veränderungen in Substratverhältnissen und Hydrologie (Verlust temporär überfluteter oder stärker durchströmter Bereiche) zu einer Artenverarmung geführt haben. In dem durch anthropogene Eingriffe besonders veränderten Waller Feld repräsentieren die verbliebenen Wiesengräben offenbar noch immer einen wesentlichen Teil der früheren ökologischen Bandbreite - die festgestellte turnover-Rate beträgt 38 %. Auch hier legen ökologische Charakteristika verschwundener Arten einen Verlust spezieller Uferbereiche mit saisonaler Überflutung nahe. Parallel zu diesen untersuchungen wurden in verschiedenen Teilen Mitteleuropas neue Aufsammlungen von für molekularbiologische Untersuchungen kompatiblen Wassermilbenpopulationen durchgeführt. Dasgesamte Material wird im Senckenberg-Museum Frankfurt aufgestellt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2010): Cataloging the Liquid Material of the Water Mite Collection Viets - an encouragement. EuraacNews 3/10: 5-6
    Gerecke, R.
  • (2011): Bremer Wassermilben 1911-2011. Der Nachlass KARL VIETS und seine Bedeutung heute. 24.09.2011, 8. Milbenkundl. Koll., Universität Tübingen
    Gerecke, R. & Olomski, R.
 
 

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