Frühes Einstiegsalter des Alkohol-und Tabakkonsums: Kausaler Faktor oder Korrelat einer erhöhten Suchtgefährdung
Final Report Abstract
Das Projekt „Frühes Einstiegsalter“ beschäftigt sich mit Determinanten und Konsequenzen des Tabak- und Alkoholkonsums im Jugend- und jungen Erwachsenenalter. Ausgehend von Daten der Mannheimer Risikokinderstudie wurde der Frage, ob ein frühzeitiger Beginn des Suchtmittelkonsums einen direkten Einfluss auf die Entwicklung einer erhöhten Suchtgefährdung ausübt, in einem Longitudinaldesign nachgegangen. Dazu wurde bei jungen Erwachsenen der Befund weiterverfolgt, dass eine erhöhte Stressexposition vor allem bei Personen mit frühem Konsumbeginn mit einem vermehrten Substanzkonsum und einem stärkeren Abhängigkeitsrisiko einhergeht. Im Einklang mit der Literatur konnte das Projekt den „stress exposure“ Effekt bei querschnittlicher Betrachtung des Zusammenhangs von Stressbelastung und Suchtmittelkonsum bestätigen. Belastende Erfahrungen im zurückliegenden Jahr waren signifikant mit einem stärkeren Tabak- und Alkoholkonsum verknüpft. Die Prüfung im Längsschnitt machte allerdings deutlich, dass die erhöhte Stressexposition im untersuchten Zeitintervall nicht als ursächlich für den vermehrten Konsum anzusehen ist. Nach Kontrolle des vorausgegangenen Konsums sank der „stress exposure“ Effekt auf ein nicht-signifikantes Niveau ab. Dies bedeutet, dass belastende Erfahrungen im zurückliegenden Jahr nicht zur Veränderung des Konsums beitrugen. Auch für die umgekehrte Fragestellung („stress generation“ Effekt) fand sich ein querschnittlicher Zusammenhang zwischen vermehrtem Konsum und erhöhter Stressbelastung, der jedoch gleichfalls der längsschnittlichen Prüfung nicht standhielt. Die Hypothese einer Moderatorwirkung des Erstkonsumalters auf den Zusammenhang zwischen Stressbelastung und Suchtmittelkonsum fand dagegen empirische Unterstützung. Eine höhere Belastung durch Lebensereignisse ging bei Personen, die frühzeitig mit dem Konsum von Alkohol oder Zigaretten begonnen hatten, mit einem stärkeren Anstieg des Konsums einher als bei Personen mit spätem Erstkonsum. Dieser Effekt war bezüglich des Alkoholkonsums von entwicklungsspezifischen Faktoren abhängig. So konnte ein moderierender Einfluss des Erstkonsumalters zwar für das Jugendalter belegt werden, nicht jedoch für das junge Erwachsenenalter. Hinweise fanden sich auch auf eine Störungsspezifität des Moderatoreffekts. Das Erstkonsumalter wirkte sich bei jungen Erwachsenen umso stärker auf den Zusammenhang zwischen Stressbelastung und Alkoholkonsum aus, je ausgeprägter deren depressive Verstimmung war. Dies könnte darauf hindeuten, dass Personen mit frühem Erstkonsum Alkohol vermehrt zur Stressbewältigung und Emotionsregulation nach belastenden Lebenserfahrungen einsetzen. Diese sog. „Bewältigungshypothese“ wird auch durch den Befund gestützt, dass Personen mit frühem Konsumbeginn im Vergleich zu solchen, die spät begannen, vermehrt Alkohol im Zusammenhang mit unangenehmen Emotionen konsumierten. Eine bedeutsame Rolle kam unterschiedlichen Qualitäten von Stressbelastungen zu. So zeigte sich der moderierende Effekt des Erstkonsumalters im Hinblick auf den Tabakkonsum zwar für die Gesamtzahl belastender Lebensereignisse, nicht jedoch bei einer Unterteilung in akute oder chronische Belastungen. Im Unterschied dazu fungierte das Erstkonsumalter ausschließlich als Moderator des Zusammenhangs zwischen chronischen Belastungen und exzessivem Alkholkonsum. Alltagsbelastungen schließlich standen in der untersuchten Altersgruppe in keinerlei Beziehung zum Suchtmittelkonsum. Zusammenfassend machen die Ergebnisse des Projekts deutlich, dass der Tabak- und Alkoholkonsum junger Erwachsener eine beträchtliche Stabilität aufweist und in starkem Maße bereits im Jugendalter etablierte Gebrauchsmuster widerspiegelt. Daher trägt die Stressbelastung durch aktuelle Lebensereignisse bei dieser Altersgruppe nur wenig zur Veränderung des etablierten Konsumverhaltens bei. Vielmehr zeigt sich, dass der Suchtmittelkonsum junger Erwachsener maßgeblich durch früher erworbene Konsummuster bestimmt wird, die ihrerseits von länger zurückliegenden Belastungsfaktoren beeinflusst werden. Unsere Ergebnisse stärken somit die wissenschaftliche Begründung für das Präventionsziel, den Erstkonsum von Suchtmitteln hinauszuzögern. Diese Verzögerung erscheint vor allem deshalb als effektive Maßnahme zur Suchtprävention, weil der frühe Beginn des Konsums das Erlernen inadäquater Strategien zur Stressbewältigung unterstützt und gleichzeitig den Erwerb angemessener Strategien behindert.
Publications
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- (2009). Impact of psychosocial adversity on alcohol intake in young adults: Moderation by the LL genotype of the serotonin transporter polymorphism (5-HTTLPR). Biological Psychiatry, 66, 102-109
Laucht, M., Treutlein, J., Schmid, B., Blomeyer, D., Becker, K., Buchmann, A.F., Schmidt, M.H., Esser, G., Jennen-Steinmetz, C., Rietschel, M., Zimmermann, U.S. & Banaschewski, T.
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Buchmann, A.F., Schmid, B., Blomeyer, D., Zimmermann, U.S., Jennen-Steinmetz, C., Schmidt, M.H., Esser, G., Banaschewski, T. & Laucht, M.
- (2010). Interacting effects of CRHR1 gene and stressful life events on drinking initiation and progression among 19-yearolds. International Journal of Neuropsychopharmacology, 13, 6, 703-714
Schmid, B., Blomeyer, D., Treutlein, J., Zimmermann, U.S., Buchmann, A.F., M.H., Schmidt, M.H., Esser, G., Banaschewski, T., Schumann, G. & Laucht, M.