Elektromechanisch induzierte Polarisations-, Ladungs- und Umpolungseffekte in Ferroelektrika am Modellsystem des geöffneten Risses: Experimente
Final Report Abstract
Im Rahmen der zweiten Projektperiode zur Untersuchung des dielektrischen Rissverhaltes in ferroelektrischen Keramiken bei gekoppelter elektromechanischer Last wurden Kelvin Force Microscopy Messungen (KFM) und Piezoresponse Force Microscopy Messungen (PFM) an (i) durchgehenden Rissen in Blei-Zirkonat-Titanat (PZT, PIC151) in 3-Punkt Biegeproben und (ii) Kelvin Force Microscopy Messungen an Vickers-Rissen in Bariumtitanat-Einkristallen durchgeführt. Außerdem wurden Risswiderstands-Kurven (R-Kurven) unter stabilem Risswachstum in 4-Punkt- Biegung mit kombinierter statisch-mechanischer Last und verschiedenen elektrischen Lasten quer zum Riss von PZT PIC151-Biegeproben gemessen. Dabei wurden sowohl konstante (DC), als auch zyklische (AC, unipolar) Lasten mit verschiedenen Frequenzen und Amplituden verwendet. Bei allen Messungen wurden ausschließlich elektrische Lasten quer zum Riss angelegt, die deutlich kleiner als die Koerzitivfeldstärke des Materials waren. Die KFM Messungen an durchgehenden Rissen in PZT zeigen, dass die Potentialverteilung um die Rissspitze, an den Rissflanken und in der gesamten Probe nicht nur von der Rissöffnung und der äußeren angelegten Spannung abhängt. Aufgrund der inhomogenen Spannungsverteilung um die Rissspitze bei mechanischer Belastung beeinflusst auch der piezoelektrische Effekt die Potentialverteilung in der Probe. Dieser Effekt konnten durch Finite Elemente Rechnungen bestätigt werden. Außerdem scheinen lokale Umpolungsprozesse während elektrischer oder mechanischer Belastung remanente elektrische Felder zu erzeugen, die nach Entlastung des Risses die lokale Potentialverteilung um den Riss maßgeblich bestimmen. Die dem Riss zugeordnete effektive Dielektrizitätskonstante, die aus der lokalen Feldverteilung abgeleitet wurde, ist demnach nicht nur ein Maß für die dielektrischen Eigenschaften des Risses, sondern spiegelt auch die remanenten ferroelektrischen Eigenschaften der Keramik wieder. Die Ergebnisse der PFM Messungen konnten aufgrund der begrenzten Auflösung der Bilder weder zum gesicherten Nachweis von ferroelektrischem Domänenklappen in der so genannten Prozesszone, noch von ferroelastischen Umklappprozessen aufgrund elektrischer Lasten quer zum Riss herangezogen werden. Doch auch bei höherer Auflösung ist zu erwarten, dass die Änderung der Domänenstruktur an der Oberfläche womöglich sehr gering ist. Die Messungen an Bariumtitanat Einkristallen ergeben einen linearen Zusammenhang zwischen der angelegten Spannung und dem Potentialabfall über dem Riss. Die starke Verkippung der Rissflanken erlaubt jedoch keine Bestimmung der Rissöffnung, so dass die geplante Bestimmung der effektiven Dielektrizitätskonstante des Risses nicht durchgeführt werden konnte. Während der Messungen an Bariumtitatat trat außerdem eine ungeklärt starke Drift im Oberflächenpotential auf. Im Rahmen der R-Kurven Messungen wurde eine deutliche Verringerung der kritischen mechanischen Lasten beim Anlegen einer Wechselspannung quer zum Riss beobachtet, die mit steigender Amplitude und Frequenz bzw. Anzahl der Lastwechsel pro Rissfortschritt zunimmt. Dieses Phänomen konnte nicht durch gängige Modelle erklärt werden, die Rissausbreitung bei elektrischen Wechsellasten beschreiben. Es wurde daher eine Modellvorstellung entwickelt, die intergranulare Spannungen durch den piezoelektrischen Effekt oder durch ferroelektrisches Domänenklappen berücksichtigt, die zu einer elektrisch induzierten mechanischen Ermüdung der Korngrenzen vor dem Riss führen könnten.
Publications
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