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Kommunikation unter Druck. Praktiken der Verständigung von Trainern und Athleten im Spitzensport

Subject Area Empirical Social Research
Term from 2010 to 2015
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 181496496
 
Final Report Year 2013

Final Report Abstract

Die Kommunikation zwischen Trainern und Athleten im Spitzensport findet unter schwierigen, ja geradezu kommunikationsfeindlichen Bedingungen statt, die vor allem dem hohen Erfolgsdruck, den situativen zeitlichen Begrenzungen der Kommunikation sowie der enormen physischen und psychischen Belastung der Akteure geschuldet sind. Ziel des vorliegenden Forschungsprojekts war es, ausgehend von diesen spezifischen Druckbedingungen, das kommunikative Realgeschehen in Wettkampfeinheiten des Spitzensports zu analysieren und dabei Strategien und Praktiken zu identifizieren, die von Trainern und Athleten angewendet werden, um in der kommunikationsfeindlichen Wettkampfumgebung des Spitzensports erfolgreich zu kommunizieren. Blickt man auf die Ergebnisse der Studie, dann zeigt diese zunächst, dass die untersuchten Handball-Mannschaften durch eine starke hierarchische Interaktionsordnung geprägt sind, die oftmals einer effektiven Kommunikation entgegensteht. Vor allem die Trainer sind es, die reden und dabei die jeweiligen Besprechungssituationen, insbesondere Auszeiten und Halbzeitbesprechungen, thematisch völlig überfrachten. Während die Übermittlung zu vieler und zu unstrukturiert dargebotener Informationen häufig zu Aufmerksamkeits- und Verständigungsproblemen führt, werden Formen der Partizipation – also der bewussten Einbeziehung der Spieler – zur Bearbeitung solcher Probleme kaum genutzt. Offenkundig stehen dieser Möglichkeit nicht allein die tradierte Interaktionsordnung, sondern auch ungenügend entwickelte Moderatoren-Kompetenzen der Trainer entgegen. Darüber hinaus zeigt die Studie, dass Trainer vielfach unreflektiert und inflationär auf moralische Kommunikation zurückgreifen, d.h., sie beurteilen Handlungen von Spielern nicht sachlich als richtig oder falsch, sondern bewerten sie moralisch als gut oder schlecht, indem sie diese z.B. auf mangelnde Einstellung und fehlenden Einsatzwillen zurückführen. Damit adressieren sie aber Spieler nicht nur in ihrer funktionalen Rolle, sondern sie strafen die Person als Ganze mit Missachtung bzw. Achtungsentzug, was hochgradig konfliktträchtig ist. Schließlich ist zu erkennen, dass von Trainern häufig auch im Medium von Macht kommuniziert wird, ohne zu bedenken, dass sich „bessere Leistungen“ nicht befehlen lassen – auch nicht über die Androhung von Sanktionen. Ebenso wenig wird hierbei reflektiert, dass der Androhung von Sanktionen auch deren Durchführung folgen muss, will man als Trainer nicht unglaubwürdig werden und Respektverluste riskieren. Zugleich aber kann deren Durchführung eben auch zur Schwächung der Mannschaft führen und damit den sportlichen Erfolg gefährden. Übersehen wird hier also, dass machtbasierte Kommunikation stets Gefahr läuft, sich in eine Dilemmasituation zu manövrieren, die ein Trainer nicht mehr lösen kann. Insgesamt lässt sich festhalten, dass es mit diesem Projekt erstmals gelungen ist, anhand von Video- und Audioanalysen in die Intimsphäre wettkampfbezogener Trainer-Athlet- Kommunikation einzudringen und dabei Daten zu produzieren, die differenzierte Einblicke in Prozesse der Kommunikation unter Druck liefern. Diese Daten sollen zukünftig in Form „multimedialer Anker“ eingesetzt werden, um Trainerinnen und Trainern die Schwierigkeiten wettkampfbezogener Kommunikation anhand authentischer Beispiele vor Augen zu führen und ihnen damit Beobachtungs- und Reflexionskompetenzen zu vermitteln, die sie für die Entwicklung situationsspezifischer kommunikativer Strategien nutzen können.

 
 

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