Biomorphe Technik und technomorphe Natur. Zur Geschichte der Bionik in der Bundesrepublik Deutschland und den USA in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Final Report Abstract
Das Forschungsprojekt analysierte die Geschichte der Bionik in transnationaler Perspektive zwischen den USA und der Bundesrepublik Deutschland in der zweiten Hälfte 20. Jahrhunderts. Zeitlicher Schwerpunkt war die Periode der späten 1950er bis frühen 1970er Jahre, die eine Hochphase der Bionik markiert und für das Verständnis der Annährung von Lebens- und Ingenieurwissenschaften besonders aufschlussreich ist. Die Formierung der Bionik in diesem Zeitraum war wesentlich den militärischen Interessen an neuen Forschungs- und Entwicklungsstrategien geschuldet, mit deren Hilfe die als zunehmend schwieriger empfundenen Probleme damaliger Waffensysteme gelöst werden soll-ten. Die Bionik muss deshalb als eine Cold War Science verstanden werden, die in dieser Form ohne den Systemwettlauf des Kalten Krieges gar nicht denkbar gewesen wäre, auch wenn das in der Bundesrepublik heute gerne übersehen wird. Am Beispiel ausgewählter Forschungslinien – etwa im Überschneidungsbereich von Neurophysiologie und Elektrotechnik – konnte gezeigt werden, wie technomorphe Natur- und biomorphe Technikkonstruktion bei der Herausbildung der Bionik Hand in Hand gingen und welche epistemischen Strategien der Gegenstandskonstruktion dabei verfolgt wurden. Durch den Import physikalischer und mathematischer Methoden sowie einer langen Reihe technischer Instrumente entwickelten die Biologen eine Sprache, die ihr Wissen für Ingenieure und Techniker zugänglich machte. Erst diese epistemische Transformation der Lebenswissen-schaften erlaubte es den Entwicklern von der belebten Natur für die Technik zu lernen. Insgesamt konnte das Forschungsprojekt durch seine Detailstudien nicht nur die Genese und Entwicklung der Bionik als interdisziplinäres Forschungsfeld zur Zeit des Kalten Krieges ver-ständlich machen, sondern auch einen historischen Beitrag zu der aktuellen Debatte um die scheinbare Grenzauflösung zwischen belebter Natur und artifizieller Technik liefern.
