Digital knowledge gaps. The dissemination, use, and processing of information in the online world
Final Report Abstract
Das Forschungsprojekt befasst sich mit der Frage, wie mediale und politische Online- und Offline-Informationsquellen politische Informationen vermitteln, wie die Bürger diese Informationen nutzen und welche Folgen dies für ihr Wissen und ihre Urteile über Politik hat. Untersucht wird dies anhand der Informationsvermittlung und des Wissenserwerbs über den Klimawandel, weil es sich hierbei um ein relevantes Thema handelt, zu dem zu bestimmten, kalkulierbaren Zeitpunkten (Weltklimakonferenzen, Weltklimaberichte) mit einer relativ großen Berichterstattungsmenge zu rechnen ist. Um die Forschungsfragen zu beantworten, wurden Inhaltsanalysen journalistischer (Tageszeitungen, Fernsehnachrichten, Webseiten von Massenmedien) und politikeigener (Bundestagsreden, Webseiten von Parteien und Fraktionen) Informationskanäle, wiederholte Befragungen von Bürgern zu ihrer Mediennutzung sowie ihrem Wissen und ihren Einstellungen zum Klimawandel und experimentelle Untersuchungen zur Nutzung von politischen Webseiten sowie zum Einfluss der Informationsnutzung auf den Wissenserwerb und zum Einfluss des Wissenserwerbs auf die Veränderungen der Einstellungen zum Klimawandel durchgeführt. Die Grundlage bildeten theoretische Ansätze aus Kommunikationswissenschaft, Politikwissenschaft und Psychologie, die sich u. a. mit der Nachrichtenauswahl durch Journalisten, der Anpassung der Politik an die Logik der Massenmedien, der Mediennutzung der Rezipienten, dem Einfluss von Informationen auf den Wissenserwerb und dem Zusammenhang zwischen Wissenserwerb und politischer Urteilsbildung befassen. Dabei ging es insbesondere darum, zu prüfen, inwieweit diese Theorien auch unter den Bedingungen der Online-Welt Gültigkeit besitzen. Die Analysen zeigen u. a., dass Massenmedien und Politik nur einen sehr kleinen Teil der relevanten Fakten über den Klimawandel vermitteln. Online-Medien vermitteln zwar mehr, aber keine inhaltlich anderen Informationen als Offline-Medien. Dagegen unterscheidet sich die Informationsvermittlung durch Massenmedien und Politik zum Teil erheblich. Die meisten Befragten informieren sich über den Klimawandel aus Offline-Medien. Online-Medien werden zudem überwiegend textbasiert genutzt: Viele Webseitenelemente wie Videodateien oder Hyperlinks, die den Wissenserwerb fördern könnten, werden von den Rezipienten kaum beachtet. Dennoch zeigt sich sowohl in langfristigen Befragungen als auch in experimentellen Studien, die eher kurzfristige Wirkungen erfassen, ein Einfluss der genutzten Informationen auf den Wissenserwerb. Auch ein Einfluss des Wissenserwerbs auf die Urteilsbildung der Rezipienten ist unter bestimmten Bedingungen erkennbar. In beiden Fällen gehen die Einflüsse allerdings eher von Offline- als von Online-Medien aus. Eine wichtige Randbedingung ist dabei die wahrgenommene Glaubwürdigkeit der Informationen, die ihrerseits stark durch die Voreinstellungen der Rezipienten zum Klimawandel beeinflusst wird. Viele dieser Befunde kann man durchaus als Überraschungen bezeichnen. Dies betrifft z. B. die relativ geringen inhaltlichen Unterschiede zwischen Online- und Offline-Informationen, die stark textbasierte Nutzung von Webseiten und den eher geringen Einfluss von Online-Medien auf Wissenserwerb und Urteilsbildung. Auch die Tatsache, dass Rezipienten auch objektiv falsche Informationen für glaubwürdig halten, wenn sie ihre Voreinstellungen bestätigen, ist zumindest insofern überraschend als dieser Effekt bislang kaum diskutiert wurde. Überraschend fielen schließlich auch die Befunde in einem Experiment zur heuristischen Urteilsbildung unter Ungewissheit aus: Menschen, die die zukünftige Durchschnittstemperatur an einem warmen Sommertag einschätzen sollten, schätzten sie signifikant geringer ein als Menschen, die sie an einem kalten Wintertag einschätzen sollten. Aufgrund der Forschung zur so genannten Ankerheuristik hatten wir einen umgekehrten Effekt vermutet.
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