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Rhetorik und Öffentlichkeit im sogenannten Investiturstreit

Subject Area Medieval History
Term from 2011 to 2015
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 190517828
 
Final Report Year 2015

Final Report Abstract

Wie gezeigt wurde, prägen eine Vielzahl unterschiedlicher Aspekte das komplexe Zusammenspiel von Rhetorik und Öffentlichkeit im Investiturstreit, dessen gesamtes Spektrum im Rahmen dieses Projektes nicht beleuchtet werden konnte. Gleichwohl konnten wichtige Erkenntnisse gewonnen werden, die überdies vielversprechende Anknüpfungsmöglichkeiten für weitergehende Studien bieten. So war es dank gründlicher Begriffserklärungen, ausführlicher Vorarbeiten und eingehender Sondierungen möglich, einen tragfähigen Ansatzpunkt für das Begriffspaar „Rhetorik und Öffentlichkeit“ im Kontext des Investiturstreits herauszuarbeiten. Indem darüber hinaus der heterogene Textkorpus der Schriften des ‚Investiturstreits‘ in den Fokus intensiver Betrachtungen rückte, konnte ein valider Rahmen erarbeitet werden, um eine Rhetorisierung als parallelen Prozess zur Entstehung einer Öffentlichkeit in konkreten Einzelanalysen nachzuzeichnen. Dabei traten Tendenzen zutage, die eine zunehmende Rhetorisierung vor allem für die erste Phase des Reformpapsttums erkennen lassen. Denn insbesondere zwischen 1046 und den 60er Jahren lässt sich die Etablierung einer expansiven römischen Teilöffentlichkeit beobachten, die einen beispiellosen Siegeszug innerhalb der Christenheit antrat, wie etwa die Briefe Gregors VII. illustrieren. Obgleich sich die Bildung und Verbreitung der angesprochenen Teilöffentlichkeit bislang nur in eingeschränktem Maße durch rhetorische Analysen der überlieferten Texte erfassen ließ, belegen doch einige Texte, darunter päpstliche Briefe sowie Schriften Petrus Damianis und Humberts von Silva Candida, die Beschleunigung dieses Prozesses. So sind in den Schriften dieser ersten Phase des Reformpapsttums Auswirkungen auf mehreren textuellen und – im weitesten Sinne – rhetorischen Ebenen zu konstatieren, unter anderem in den legitimierenden Inszenierungsformen des Sprechers eines Diskurses (z. B. durch eine gerichtliche, streitgesprächsartige, synodale Darstellung). Diese Entwicklung hat auch zu einer Erweiterung des Bereichs „Rhetorik und Öffentlichkeit“ im Sinne der cadres sociaux de l’argumentation und der Wirkung der Predigertätigkeit geführt: Diese Aspekte wurden nicht nur im Rahmen von die Fallbeispielen, die zudem die gerade erwähnte frühe Expansion der päpstlichen Öffentlichkeit konkretisieren, sondern auch am Beispiel weiterer hochmittelalterlicher Auseinandersetzungen der religiösen Nonkonformisten, Devianten und Häretiker mit der Amtskirche. Die weitere, in einer zweiten Phase erfolgte Entwicklung, die an den Streit zwischen Gregor VII. und Heinrich IV. anschloss, lässt sich beispielhaft anhand der Vita metrica Anselmi Rangers von Lucca skizzieren, die weniger auf die Expansion einer Teilöffentlichkeit als vielmehr auf die beginnenden und fortschreitenden Bemühungen zur Integration verschiedener Teilöffentlichkeiten verweist. Für eine weitergehende Untersuchung des Phänomens, die weitere textuelle Produkte berücksichtigt und die komplexe Beschreibung und Kodierung der Quellen fortsetzt, wurden mit der Entwicklung des Wiki-Systems wesentliche Grundlagen gelegt.

Publications

 
 

Additional Information

Textvergrößerung und Kontrastanpassung