Expressivism and the role of reason in moral judgment
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die moralanthropologische Frage nach der Rolle, die Vernunft und Gefühl in unseren moralischen Bewertungen und moralischen Handlungen spielen, gehört zu den Fragestellungen, die die wissenschaftliche Diskussion über Moral in den letzten Jahren am deutlichsten geprägt hat. Besonders öffentlichkeitswirksam ist die Frage von Sozialpsychologen und Evolutionsbiologen diskutiert worden, die dabei zumeist die Bedeutung kognitiver Fähigkeiten in Frage gestellt und die Bedeutung affektiver oder konativer Fähigkeiten betont haben. Bei der Frage nach den psychologischen Grundlagen der Moral handelt es sich jedoch um eines der traditionellen Themen der Moralphilosophie, das schon im 18. Jahrhundert von ‚Sentimentalisten’ wie Hutcheson und Hume und ‚Rationalisten’ wie Price oder Kant eingehend diskutiert worden ist. Sie bildet zudem den moralpsychologischen Hintergrund für Positionen in der modernen Metaethik, die sich, wie der Expressivismus, mit der Bedeutung unserer Moralsprache befassen und die Funktion moralischer Äußerungen nicht in der Beschreibung von Sachverhalten sehen, sondern darin, Gefühle oder Wünsche zum Ausdruck zu bringen. Die Zielsetzung des Projekts „Expressivism and the role of reason in moral judgment“ bestand darin, diese drei Bereiche bzw. Debatten zusammenzubringen und die Frage nach dem Wesen moralischer Urteile vor dem Hintergrund der metaethischen Debatte um den Expressivismus, der Sentimentalismus/Rationalismus-Debatte des 18. Jahrhunderts und der Befunde aus empirischer Psychologie und Evolutionsbiologie zu diskutieren und so einer Klärung näherzubringen. Die Ergebnisse des Projekts zeigen, dass – und wie – sich diese drei Bereiche fruchtbar aufeinander beziehen lassen und Engführungen, die die Debatten jeweils für sich betrachtet aufweisen, aufgelöst werden können. Im Ergebnis zeigt sich, dass eine radikal sentimentalistische Position, wie sie von modernen Sozialpsychologen wie Jonathan Haidt nahegelegt wird, nicht verteidigen lässt. Allgemeine Rationalitätsforderungen, die in moralische Begründungen und Rechtfertigungen eingehen, bilden eine unhintergehbare Voraussetzung unserer Moral wie sie auch eine unhintergehbare Voraussetzung wissenschaftlicher Theorien der Moral bilden. Dass die Vernunft unsere moralischen Urteile und Handlungen begrenzt und (mit)bestimmt, heißt aber keineswegs, dass sie gänzlich unabhängig von menschlichen Bedürfnissen oder Gefühlen festlegen würde, was moralisch richtig oder moralisch falsch ist. Als ähnlich problematisch wie ein radikaler Sentimentalismus erweisen sich daher radikal rationalistische Positionen, wie sie etwa mit anspruchsvollen Varianten des metaethischen Non-Naturalismus vorliegen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2015): „The motivation argument and motivational internalism“, Philosophical Studies. 172. S. 2445–2467
Eggers, Daniel
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s11098-014-0420-y) - (2015): „Unconditional motivational internalism and Hume’s lesson“, in Björnsson, Gunnar et al. (Hrsg.): Motivational Internalism, New York: Oxford University Press. S. 85–107
Eggers, Daniel
(Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1093/acprof:oso/9780199367955.003.0005) - (2016): „Nothing new in Ecumenia? Hare, hybrid expressivism and de dicto beliefs“, Ethical Theory and Moral Practice. 19. S. 831–847
Eggers, Daniel
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s10677-015-9681-6)