Wasserstoffbarrieren aus Glas
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Zur verlustarmen Wasserstoff-Hochdruckspeicherung in Mikrokapillaren aus Glas, z.B. zur Stromerzeugung für mobile elektronische Geräte und für netzferne Systeme, werden chemisch beständige und gut verarbeitbare Gläser sehr niedriger H2-Permeabilität benötigt. Für die Entwicklung derartiger Gläser fehlt jedoch eine wissensbasierte Korrelation zwischen Glasstrukturparametern und H2-Mobilität. Im ersten Projektabschnitt ergaben sich aus umfangreichen Literaturrecherchen zur Permeation und Diffusion von Edelgasen in Silicatgläsern Hinweise darauf, dass die H2-Mobilität in Silicatgläsern sowohl durch die atomare Packungsdichte (APF) bzw. ionische Porosität (IP) als auch durch den Netzwerkpolymerisationsgrad (NBO/T) bestimmt wird. Daher wurden im zweiten Projektabschnitt Glasserien aus dem System Na2O-Al2O3-SiO2 gewählt, um beide Strukturparameter unabhängig voneinander zu variieren. Die Ergebnisse zeigen einen sehr empfindlichen und dominierenden Effekt der IP auf die H2- Mobilität. Eine Verringerung der IP um wenige Prozent verringert die H2-Diffusivität um 2-3 Größenordnungen. Dabei wirkt sich der Einbau von Natrium und die damit verbundene Depolymerisierung stärker auf IP und H2-Mobilität aus als der äquimolare Einbau von Natrium und Aluminium (Substitution von Si- durch Al-Tetraedern). So werden bei 50 mol% SiO2 IP = 49% (Natriummetasilikat) erreicht und 51.5% (Nephelin) bei äquimolarem Einbau von Natrium und Aluminium (IPQuarz = 54.3%). Trotz des gleichsinnigen Einflusses beider Zusammensetzungsvariationen auf IP und H2-Mobilität erscheint eine nur auf dem freien Volumen basierte Erklärung unwahrscheinlich. So ist der beobachtete Effekt der IP auf die H2-Mobilität sehr groß. Zudem ist im Fall des alleinigen Na-Einbaus die Abhängigkeit der H2-Mobilität von der IP stärker. So sinkt durch den äquimolaren Einbau von Natrium und Aluminium (Quarz → Jadeit; NBO/T = 0; 67 mol% SiO2) die IP um 3% und DH2(250°C) um den Faktor 30. Durch den alleinigen Einbau von Na (Quarz → Natriumdisilicat; NBO/T = 0 → 0.5; 68 mol% SiO2) sinkt die IP geringfügig mehr (um 4%) DH2(250°C) jedoch sehr stark um den Faktor 1200. Ferner erfolgt in diesem Bereich (Albit → Natriumdisilicat, NBO/T = 0.25 → 0.5) auch eine deutliche Erhöhung der Aktivierungsenergie der Diffusion um den Faktor 4. Interessant ist ebenfalls die deutliche negative Abweichung der H2-Mobilität vom linearen Mischverhalten zwischen den stöchiometrischen Glaszusammensetzungen Quarz-Albit und Albit-Nephelin sowie für Albit-Natriumdisilicat. Insgesamt zeigen die Untersuchungen, dass depolymerisierte Glasstrukturen geringer ionischer Porosität besonders für Wasserstoffsperrschichten geeignet scheinen. Gegen die geforderte Depolymerisierung sprechen jedoch technologische Parameter, wie die zu erwartende Kürze des Glases (eingeschränkte Ziehbarkeit) und eine unzureichende chemische Beständigkeit. Ein Kompromiss stellt das formal vollvernetzte Barium Aluminoborosilicatglas (BABS) 12BaO-9Al2O3-15B2O3-64SiO2 (mol%) dar, für das eine gute chemische Stabilität erwartet werden kann. Es hat sich hinsichtlich H2-Mobilität und Verarbeitbarkeit (Ziehen von Kapillaren) und in Berstdruck-Versuchen als ernsthafter Kandidat für ein H2-Sperrglas erwiesen. Die Projektbearbeitung erzwang große messmethodische Anstrengungen, um sehr geringe H2-Permeabilitäten (P < 10^-18 mol m^-1 Pa^-1 s^-1) bzw. -Diffusivitäten (D < 10^-12 m2 s^-1) messen zu können. So wurden im ersten Projektabschnitt verschiedene Methoden getestet und die Pulvermethode als das geeignetste Verfahren identifiziert. Im zweiten Projektabschnitt wurde die Methode verfeinert und die nicht sphärische Gestalt der Glaspartikel sowie die Korngrößenverteilung der Glaspulver berücksichtigt. Dazu wurden die gemessenen Glaspulver entsprechend untersucht und Auswerteprogramme in C++ und Mathematica entwickelt, die für Verteilungen von Kornform und -größe die Bestimmung des Diffusionskoeffizienten erlauben. Es wurde gezeigt, dass die diesbezüglichen Messfehler vor allem Situationen mit hoher H2-Abgaberate betreffen. Hier kommt es bereits während der Erwärmung der Probe zum Verlust des Großteils des gelösten Wasserstoffs. Der Effekt betrifft also hoch H2-permeable Gläser (z.B. Kieselglas) und Experimente bei erhöhten Temperaturen, die nicht im Fokus des Projekts standen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Hydrogen permeability of a barium-aluminoborosilicate Glass - A methodical approach; J. Non-Cryst. Solids 394-395 (2014) 43-49
P. Ried, M. Gaber, R. Müller, J. Deubener
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Hydrogen diffusivity in sodium aluminosilicate glasses; J. Non-Cryst. Solids 521 (2019) 119502
T. Welter, U. Marzok, J. Deubener, S. Reinsch, R. Müller