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Genetische Grundlagen für den Erbdefekt Hypotrichose beim Rind

Fachliche Zuordnung Tierzucht, Tierernährung, Tierhaltung
Förderung Förderung von 2011 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 193259629
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In verschiedenen Rinderpopulationen weltweit tritt ein durch eine Hypotriochose charakterisierter Erbdefekt auf. Er ist gekennzeichnet durch kurze, krause und dünne Haare in pigmentierten Bereichen der Haut; aufgrund des charakteristischen Fehlens einer Schwanzquaste wurde für die Hypotrichose auch das beschreibende Synonym „Rat-tail-Syndrom“(RTS) gewählt. Betroffene Tiere zeigen als Kälber deutliches Kältezittern im Winter sowie bei stallloser Mast ein geringeres Wachstum im Vergleich zu Wildtyp-Tieren. Im Rahmen unseres Forschungsprojektes konnten wir nachweisen, dass das RTS als Folge eines epistatischen Zusammenwirkens zwischen mindestens drei Genorten auftritt. Nur Tiere, die ein Allel für dominant schwarze Fellfarbe besitzen und einen heterozygoten Genotyp an dem Farbverdünnungsgenort premelanosome protein (PMEL) aufweisen, können das Merkmal ausprägen. Dies ist Voraussetzung, jedoch nicht hinlänglich für die Expression des Defektes. Dazu bedarf es der Wirkung eines dritten Genortes, dessen Existenz wir belegen und in einer großen Ressourcenfamilie durch Kopplungs- und Assoziationsuntersuchungen auf dem Rinderchromosom 5 lokalisieren konnten. Ausgangsrassen für die Ressourcenfamilie waren Charolais und Deutsche Holstein. Auch der Farbverdünnungsgenort PMEL befindet sich auf dem Chromosom 5, allerdings etwa 40 Mb telomerwärts. Beide Genorte segregieren nicht unabhängig voneinander, so dass dies neben der genannten epistatischen Interaktion vermutlich ursächlich für frühere Fehllokalisationen des RTS im Bereich des PMEL-Gens war. Nur durch Kenntnis und Berücksichtigung der epistatischen Interaktionen gelang die korrekte positionelle Zuweisung des RTS-Locus. In der Chromosomenregion, in der der eigentliche RTS-Genort kartiert wurde, befindet sich mit dem ligand for the receptor-type protein-tyrosine kinase KIT (KITLG) Gen ein sehr schlüssiges funktionales Kandidatengen, für das sowohl beim Rind als auch beim Menschen Effekte auf Pigmentierung bzw. Haarstruktur nachgewiesen worden waren. Umfangreiche Untersuchungen unter Nutzung von genomweiten Resequenzierungen, Gesamttranskriptomsequenzierung (RNAseq) und Einzelpolymorphismen-Nachweis ergaben jedoch keinen eindeutigen Hinweis auf eine dem RTS zugrunde liegende Mutation in diesem Gen. Im Rahmen des Projektes wurde über RNAseq ein umfassender Transkript-Katalog von pigmentierter und nicht-pigmentierter Rinderhaut erstellt, der auch zur Untersuchung von RTS-assoziierten Transkriptvarianten herangezogen wurde. Mit Hilfe dieses Transkript-Katalogs wurde zum einen die Annotation für zahlreiche Gene im Rindergenom verbessert. Darüber hinaus entstand damit auch der erste Katalog an langen nicht-kodierenden RNAs (long non-coding RNAs, lncRNAs) für ein Gewebe des Rindes. Damit ist auch für das Rind eine Datenbasis geschaffen, diese RNA-Kategorie zu untersuchen, die zunehmend bei der Untersuchung von Regulationsprozessen vor allem im Rahmen der Ontogenese zahlreicher Spezies im Fokus steht. Für das bovine PMEL-Gen, einem der an der Ausprägung des RTS beteiligten Gene, waren bereits in der Vergangenheit Effekte und Expressionsmuster auf Transkriptebene berichtet worden, die im Widerspruch zu Ergebnissen anderer Spezies standen. Daher war es Zielstellung dieses Projektes, die PMEL-Expression auf Proteinebene auch in solchen Geweben zu untersuchen, in denen kein Melanin-Pigment gebildet wird. Bislang galt die PMEL-Synthese als eine melanozytenspezifische Eigenschaft, weshalb PMEL auch in der Melanom-Diagnostik beim Menschen eine bedeutende Rolle spielt. In unserem Forschungsprojekt konnten wir nachweisen, dass PMEL-Protein beim Rind in prozessierter Form auch in nicht-melaninproduzierenden Zellen verschiedenster Gewebe (u.a. Pansen, Schilddrüse) vorhanden ist, und seine Synthese in Milchdrüsenepithelzellen belegen. Welche Funktion das PMEL-Protein, das in der Lage ist, nicht-toxische Amyloid-Fibrillen zu bilden, dabei in diesen Zellen hat, muss in weiteren Projekten geklärt werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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