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Entwicklung eines Kategoriensystems zur Erfassung unterrichtsbezogener Lehrerkooperation in professionellen Lerngemeinschaften

Subject Area General and Domain-Specific Teaching and Learning
Term from 2011 to 2015
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 196132862
 
Final Report Year 2015

Final Report Abstract

Zusammenhänge zwischen Schülerleistungen und dem kooperativen Arbeiten von Lehrkräften in professionellen Lerngemeinschaften konnten nur selten nachgewiesen werden. Eine Erklärung hierfür sehen Horn und Little (2010) darin, dass nicht detailliert genug auf die Interaktion und Kommunikation in diesen Lerngemeinschaften geblickt wird. Zudem fehlt es häufig an einem systematischen Bezug der (analysierten) Interaktion mit entsprechenden Befunden zur Beschreibung erfolgreicher Lehrkräfte (Expertise-, Kompetenz- und Professionalisierungsforschung), über den dann die Bedeutung von Lehrerkooperation für Unterrichtsqualität und Schülerleistung erklärt werden könnte. Kernanliegen der vorliegenden Studie war entsprechend die Entwicklung eines Instruments, das geeignet ist, das kooperative Handeln von Lehrkräften in PLGen auch auf der Ebene von Interaktion zu erfassen und Rückschlüsse auf eine Verbesserung pädagogischer Praxis bzw. Lernmöglichkeiten zu ziehen. Hierfür wurde auf den Ansatz von Horn und Little (2010) zurückgegriffen, der Lernmöglichkeiten in Interaktionsprozessen von Lehrkräften beschreibbar macht. Es zeigte sich, dass dieser Ansatz geeignet ist, Lernmöglichkeiten im Rahmen von Lehrerkooperation zu beschreiben, jedoch handelt es sich hier scheinbar um sehr spezifische Lernmöglichkeiten, die wir in unserem Datenmaterial selten beobachten konnten. In der Analyse des Umgangs mit Praxisproblemen (der videografierten Arbeitssitzungen) zeigte sich darüber hinaus, dass dieser stark von community-spezifischen Orientierungen geprägt ist. Anders als im Antrag ausgearbeitet, wurden diese genauer untersucht, da die Nichtberücksichtigung kollektiver Orientierungen das Phänomen unterkomplex gelassen hätte. Als Folge hieraus wurden zum einen rekonstruktive Verfahren angewandt, um die Bedeutung der Orientierungen für die Handlungskompetenzentwicklung abbildbar zu machen. So wurde die Instrumentenentwicklung zur standardisierten Erfassung von Lehrerkooperationsprozessen zurückgestellt. Zum anderen wurde die theoretische Rahmung des Community-Konzeptes im Vergleich zum Antrag modifiziert, indem zwei populäre Ansätze zur Rahmung von Kooperation in Communities theoretisch aufgearbeitet und kritisch reflektiert wurden. In einem kontrastierenden Vergleich konnte am empirischen Material gezeigt werden, wie eine Community durch diese kollektiven Orientierungen in ihrer Problemlösung immer wieder gehemmt wird, während eine andere Lösungen findet. Da unsere Analysen den Stellenwert dieser communityspezifischen Orientierungen für die gemeinsame Arbeit verdeutlichen, muss in zukünftigen Arbeiten über eine adäquate Berücksichtigung dieser in Analyse/Erfassung von Lehrerkooperationsprozessen nachgedacht werden. Unser Projekt liefert darüber hinaus Hinweise auf die Bedeutung Dritter bei der Expertiseentwicklung im Lehrerberuf, insbesondere das Konzept „Persons in the Shadow“ konnte durch qualitative Analysen berufsbiografischer Interviews angereichert werden, indem Funktionen und bekannte Funktionen von Pits für den Schulkontext herausgearbeitet wurden. Im vorliegenden Projekt wurde auf die Handlungskompetenzentwicklung fokussiert, da diese das Verbindungsglied zwischen Schülerleistung bzw. Unterrichtsqualität und Lehrerkooperation darstellt. Unsere Ergebnisse zielten auf jeweils zwei Forschungsdesiderate der Lehrerkooperationsforschung ab. Wir wissen noch sehr wenig darüber, wie Lehrkräfte in natürlichen Gruppen voneinander lernen und wir kennen nicht den Stellenwert der spezifischen Community für diese Lernprozesse. Unseres Erachtens werden derzeit Konzepte (z.B. das der PLG) in der Lehrerkooperationsforschung als ertragreich bewertet, deren empirischer Nachweis dafür und eine theoretische Fundierung weitgehend fehlt. Hier ist ein kritischer Umgang mit bestehenden Konzepten und die Klärung von Zieldimensionen der Lehrerkooperation (z.B. die Arbeitserleichterung, Kompetenzentwicklung) notwendig. Die Ergebnisse des Forschungsprojektes zeigen insgesamt, dass die bisherige theoretische Fundierung und damit verbundene Operationalisierung von Lehrerkooperation umfassender gedacht werden sollte. Die bisher existierenden Ansätze scheinen zu unterkomplex bzw. zu undifferenziert konzipiert, um die Realität von Lehrerkooperation abbilden zu können. Insbesondere liefern die Projektergebnisse Hinweise auf die Bedeutung des Kontextes, in dem kooperative Prozesse stattfinden (sie scheinen stark abhängig von organisationsstrukturellen Bedingungen zu sein) und auf die Bedeutung von kollektiven Orientierungen der kooperierenden Gruppen. So gilt es zukünftig, einen mehrdimensionalen Ansatz zur Erforschung von Lehrerkooperation zu verfolgen, der Arbeitsformen (z.B. Ko-Konstruktion, Austausch, Koordination), Beziehungsqualität (z.B. Vertrauen, Motivation), angezielte Kompetenzen (z.B. pädagogische, fachliche, fachdidaktische), kollektive Orientierungen (z.B. Schülerfokus, Arbeitsvermeidung) und Thematiken der Kooperation (z.B. Notengebung, Unterrichtsreihe) zu berücksichtigen vermag. Forschungsmethodisch scheint es notwendig, in Folgeuntersuchungen zunächst offenere bzw. qualitative Forschungsansätze zu intensivieren, um die Instrumentenentwicklung zu fundieren.

Publications

  • (2015). Kollektive Orientierungsmuster als Teil individueller Handlungskompetenz: Eine komparative Analyse kooperierender Grundschullehrkräfte. In D. Blömer et al. (Hrsg.), Perspektiven auf inklusive Bildung. Gemeinsam anders lehren und lernen (S. 46-52). Wiesbaden: VS
    Bloh, T.
  • (eingereicht). Lernpotential durch Lehrerkooperation. Vorstellung eines Analyseansatzes zur Erfassung erfahrungsbezogener Lerngelegenheiten. Empirische Pädagogik, 2015, 29(4), 505-520
    Harazd, B., Bloh, T. & van Ophyusen
  • Lehrerkooperation als Community of Practice - zur Bedeutung kollektiv-impliziter Wissensbestände für eine kooperationsbedingte Kompetenzentwicklung. Jero Journal for educational research online 8 (2016) 3, S. 207-230
    Bloh, B. & Bloh, T.
 
 

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