Empathie: Eine Stärke im Alter?
Final Report Abstract
Empathie hat als eine Facette sozial-emotionaler Kompetenz wichtige Funktionen über die gesamte Lebensspanne hinweg. Aus diesem Grund ist es erstaunlich, dass sich die Entwicklungspsychologie der Empathie bislang fast ausschließlich auf die Kindheit und Jugend beschränkt. In dem beantragten Projekt wurden drei Komponenten der Empathie voneinander unterschieden und aus der Perspektive der Entwicklungspsychologie der Lebensspanne untersucht: das akkurate Erkennen der Gefühle eines Menschen (empathische Akkuratheit), das Teilen der Gefühle dieses Menschen (Emotionskongruenz) und das Erleben von Mitgefühl für ihn (Mitgefühl). Um die drei Empathiekomponenten simultan und in vivo zu erfassen entwickelten wir einen filmbasierten Empathietest, der einer Stichprobe von 100 jungen und 100 älteren Erwachsenen vorgelegt wurde und dessen psychometrische Qualität höchst zufriedenstellend ausfiel. Dieser Test bestand aus insgesamt zwölf Filmen, die jeweils eine Protagonistin zeigte, die über ein hochemotionales persönliches Ereignis sprach, das entweder für junge Erwachsene oder für ältere Erwachsene besondere Relevanz aufwies und dabei eine von drei Zielemotionen betraf (Ärger, Traurigkeit, Freude). Empathische Akkuratheit und Emotionskongruenz wurde mittels eines Übereinstimmungsmaßes zwischen den Selbstberichten der Protagonistinnen und den Fremdberichten (zur Operationalisierung von Akkuratheit) bzw. Selbstberichten (zur Operationalisierung von Kongruenz) der Studienteilnehmerinnen operationalisiert. Das Mitgefühl wurde mittel Selbstberichtitems zusätzlich erhoben. Obgleich frühere Studien Altersdefizite in der empathischen Akkuratheit nachgewiesen haben, sprechen unsere Befunde dafür, dass das akkurate Erkennen der Emotionen Anderer nicht zwangsläufig eine Schwäche im Alter darstellen muss. Altersdefizite in der empathischen Akkuratheit waren nur nachweisbar, wenn eine Empathieaufgabe für Ältere nicht von Relevanz war; wenn diese jedoch besondere Relevanz für Ältere aufwies, war die Leistung der Jüngeren und Älteren vergleichbar gut. Des Weiteren stellt der bislang nur sehr selten untersuchte Bereich der affektiven empathischen Reaktionen eine Stärke im Alter dar. Unabhängig von der Aufgabenrelevanz zeigten ältere Personen eine höhere Emotionskongruenz und erlebten mehr Mitgefühl als die Jüngeren. Um die empathischen Fähigkeiten Älterer zukünftig altersfair und alltagsnah abbilden zu können, sollten weiterführende Testverfahren somit auf ökologische und ganzheitliche Ansätze zurückgreifen, die eine simultane Erfassung kognitiver und affektiver Aspekte der Empathie in einem für Ältere relevanten Kontext ermöglichen.
Publications
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(2011). Altersdefizite in der Emotionserkennung: Reversibel und eine Frage der Motivation? Vortrag auf der 20. Fachtagung für Entwicklungspsychologie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, Erfurt, 12. – 14. September
Wieck, C. & Kunzmann, U.
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(2012). Age Differences in Empathic Accuracy - The Age- Relevance of the Task Counts. Posterpräsentation auf der 65. Konferenz der Gerontologischen Gesellschaft von Amerika, San Diego, 14. - 18. November
Wieck, C. & Kunzmann, U.
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(2012). Altersunterschiede in der Empathischen Akkuratheit - Eine Frage der Altersrelevanz? - Vortrag auf dem 48. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, Bielefeld, 24. – 27. September
Wieck, C. & Kunzmann, U.
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(2013). Empathie im jungen Erwachsenenalter und Alter – Multidirektional und Kontextabhängig? Posterpräsentation auf dem 12. Leipzig Research Festival for Life Sciences, Leipzig, 19. Dezember
Wieck, C. & Kunzmann, U.
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(2013). Entwicklung verschiedener Facetten der Empathie im jungen Erwachsenenalter und Alter - Multidirektional und Kontextabhängig? Vortrag auf der 21. Fachtagung für Entwicklungspsychologie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, Saarbrücken, 9. – 11. September
Wieck, C. & Kunzmann, U.
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(2014): Altersunterschiede in der Empathie: Multidirektional und eine Frage des Kontexts? Universität Leipzig
Wieck, Cornelia
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Age Differences in Empathie: Multidirectional and Context-Dependent? Psychology and Aging
Wieck, C. & Kunzmann, U.