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Die Rhetorik der sumerischen Streitgespräche

Subject Area Egyptology and Ancient Near Eastern Studies
Term from 2011 to 2015
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 200733250
 
Final Report Year 2015

Final Report Abstract

Im Rahmen des Projekts „Die Rhetorik der sumerischen Streitgespräche“ wurden drei Rangstreitgespräche (Ezinam und das Mutterschaf, Vogel und Fisch, Hacke und Pflug) auf ihren rhetorischen Wert hin untersucht. Hierfür mussten aufgrund des Bearbeitungsstandes der Textgruppe in einem ersten Schritt Partituren und neue Übersetzungen dieser drei Rangstreitgespräche erstellt werden, um dann in einem zweiten Schritt die rhetorische Analyse vornehmen zu können. Der Zugang zu dieser Textgruppe fand sich über eine neue Klassifizierung, Definition und Beschreibung derselben. Für die Analyse der drei Rangstreitgespräche ging die Antragstellerin aufgrund erster Beobachtungen, die sie während der Beschreibung der Textgruppe machte, davon aus, dass sämtliche Rangstreitgespräche als Wirkungsziel die Vorausnahme und Unterstützung des Siegers haben und dass dieses Ziel auf der strukturellen, narrativen und argumentativen Ebene der Texte verfolgt werden kann. Diese Annahme sah sich bei einem ersten Vergleich mit den sehr viel jüngeren lateinischen und mittelhochdeutschen Streitgesprächen des Mittelalters bestätigt, für die ähnliche Prinzipien festgestellt werden können. Bei der Überprüfung dieser Prämissen anhand der drei genannten Rangstreitgespräche ergab sich ein erstaunlich einheitliches Bild. Auf der strukturellen Ebene kann der Sieger durch mehr Reden und/oder eine längere Redezeit ausgezeichnet werden. Auf der narrativen Ebene kann er durch die Einführung im Prolog oder durch die Charakterisierung im Laufe des Wettstreits dem Verlierer vorangestellt werden und auf der argumentativen Ebene ist er durchwegs der bessere Redner. Nicht alle Elemente müssen auf allen Ebenen in jedem Rangstreitgespräch zur Favorisierung des Siegers eingesetzt werden. So ist in Vogel und Fisch die Sprechzeit ausgeglichen und in Ezinam und das Mutterschaf findet kaum eine Charakterisierung der Gegner zwischen den einzelnen Reden statt. Es kann jedoch festgehalten werden, dass die Prinzipien nie in Umkehr, d. h. zugunsten des Verlierers eingesetzt werden. Wenn eine Tendenz in der Hinsicht zu beobachten ist (in einem Teil des Prologs von Ezinam und das Mutterschaf wird dem Mutterschaf vermeintlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt), dann steckt jeweils eine bestimmte Absicht dahinter, die im Endeffekt dem Verlierer schadet. Auf der argumentativen Ebene findet sich zumindest auf Seiten der Gewinner ein sehr einheitliches Bild: Im Gegensatz zu den Reden des Verlierers wirken die ihren gut aufgebaut und wohl strukturiert. Sie verwenden immer eine größere Bandbreite an Argumentationstechniken, außerdem wissen sie diese besser und korrekter einzusetzen als ihre Gegner und sie wagen sich auch an komplexere Techniken als die Verlierer. Es ist weiter zu beobachten, dass die Gewinner (wenn der Gegner den Wettstreit eröffnet) gerne die gegnerische Rede als strukturelle Vorgabe für ihre eigene übernehmen, um diese dann im Sinne einer Überbietung zu verbessern. Im umgekehrten Falle ist die Übernahme nur selten zu beobachten, eine Verbesserung gelingt nie. Die bessere Qualität der Siegerreden spiegelt sich auch in der Tatsache, dass diese in den einzelnen Rangstreitgesprächen sehr einheitlich tradiert werden. Die Reden des Verlierers können dagegen starke Abweichungen aufweisen (insbesondere in Vogel und Fisch zu beobachten). Diese Analyse der sumerischen Rangstreitgespräche mag in Zukunft als Ausgangspunkt für kulturübergreifende Studien zur Gattung der Rangstreitgespräche, die sich bis in die Neuzeit hinein gehalten hat, dienen.

Publications

  • Der Wettstreit zwischen Dumuzi und Enkimdu, in: L. Kogan et alii (Hrsg.), Festschrift Joachim Krecher: Studien zur sumerischen Sprache und Literatur, Babel und Bibel 8 (Winona Lake) 383-397
    Catherine Mittermayer
  • mušen ku6: Viel Vogel und wenig Fisch in MS 2110/1 (AoF) 41,2 (2014) 201-222
    Catherine Mittermayer
    (See online at https://doi.org/10.1515/aofo-2014-0012)
 
 

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