Detailseite
Projekt Druckansicht

Wirkungsweise von Polypropylenfasern (PP-Fasern) in Beton unter Brandbeanspruchung

Antragstellerin Professorin Dr. Birgit Meng
Fachliche Zuordnung Baustoffwissenschaften, Bauchemie, Bauphysik
Förderung Förderung von 2011 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 201127594
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In der Praxis haben sich PP-Fasern als Maßnahme zur Verhinderung explosionsartiger Betonabplatzungen bei Brandeinwirkung bewährt. Ihre Wirkungsweise ist jedoch bisher unzureichend geklärt. In der Literatur werden folgende drei Hypothesen für die Wirkung der PP- Fasern in gefügedichten Betonen unter Brandbeanspruchung postuliert: I Schaffung eines Expansionsraums durch die Zersetzung der PP-Fasern bzw. durch Penetration der Faserschmelze in das umgebende Betongefüge; II Nutzung bzw. Schaffung eines Transportweges für den Wasserdampf im Übergangsbereich zwischen PP-Faser und umgebendem Betongefüge; III Mikrorissbildung durch Kerbwirkung der PP-Fasern im Mikrogefüge oder Zwängung infolge behinderter thermischer Ausdehnung der Fasern Die vorstehenden Hypothesen sind zum Teil inkonsistent und unzureichend experimentell belegt. Daher war es Ziel dieses Forschungsvorhabens, die Theorien zum Wirkmechanismus der PP-Fasern systematisch zu erforschen. Bereits im Vorfeld des Projektes konnten die Antragsteller mit einer neuartigen Kombination von zerstörungsfreien Prüfverfahren und validierenden mikroskopischen Untersuchungen eine netzartige Mikrorissbildung im Temperaturbereich von 150 bis 300 °C nachweisen. Diese bewirkt einen Spannungsabbau im Betongefüge (mechanischer Effekt) und verbindet die nach der Faserzersetzung freiwerdenden Expansionsräume, wodurch ein permeables Transportwegesystem entsteht. Es wurden zwei PP-Fasern mit sehr unterschiedlicher Schmelzviskosität in die Untersuchungen einbezogen. Die thermoanalytischen Untersuchungen zeigten keine signifikanten Unterschiede. Beide Faserarten schmelzen bei ca.160 °C, die Zersetzung findet erst im Temperaturbereich zwischen 350 °C und 500 °C statt. Bei vergleichenden Brandversuchen mit der Hydrocarbonkurve als Brandlast an kleinformatigen Betonprobekörpern (entsprechend DIBt- Zulassungsprüfplan) ohne und mit verschiedenartigen PP-Fasern führte bereits der geringe Fasergehalt von 0,9 kg/m³ Beton bei beiden Faserarten in gleichem Maße zu einer Verminderung der Abplatzungen. Als möglicher Grund hierfür wird die noch relativ moderate Gefügedichte des DIBt-Betons angesehen. Weiterführende Untersuchungen sollten deshalb an einer kritischeren Mischung aus höherfestem Beton mit Zugabe von Mikrosilika (z. B. C 80/95) erfolgen. Besonders aufschlussreich waren die erstmals an PP-Fasern durchgeführten PVT- Messungen. Zwar unterscheidet sich auch hier das Verhalten beider Faserarten nur unwesentlich voneinander. Es wurde jedoch erstmals unter isochoren Bedingungen festgestellt, dass bei vollständiger Behinderung der thermisch induzierten Volumenausdehnung der Faser bzw. ihrer Schmelze sich bei etwa 200 °C ein maximaler Druck von 200 MPa einstellt. Das lässt den Schluss zu, dass die behinderte Ausdehnung der PP-Faser bzw. ihrer Schmelze bei nicht vorhandenem Expansionsraum definitiv zu rissinduzierenden Zwangsspannungen im Betongefüge führen kann, und bestätigt damit einen wichtigen und bisher umstrittenen Teilaspekt der Hypothese III. Darüber hinaus wird durch dieses Ergebnis die Hypothese II zur Schaffung eines Transportweges in der Übergangszone zwischen Faser und umgebender Zementsteinmatrix durch die Ablösung der Faser von der umgebenden Zementsteinmatrix infolge ihrer Komprimierung durch den Wasserdampfdruck widerlegt. Nicht eindeutig zu beantworten bzw. zu widerlegen ist das Eindringvermögen der Faserschmelze in das ungerissene Zementsteingefüge (Teilaspekt Hypothese I). Es wurde zwar mittels simultaner Kontaktwinkelmessungen am Erhitzungsmikroskop die benetzende Eigenschaft der Schmelzen beider Faserarten auf der Betonoberfläche nachgewiesen und ihre sehr unterschiedliche Viskosität mit modernster rheologischer Prüftechnik ermittelt, doch konnte auch mit systematischen (E)SEM/EDX-Untersuchungen (mit Heiztisch) die Penetration der Faserschmelze bisher nicht nachgewiesen werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2012): Polypropylen-Fasern in Hochleistungsbetonen – Wirkungsmechanismen im Brandfall, Beton- und Stahlbetonbau, Jg. 107, Nr. 7, S. 476-483
    Pistol, K., Weise, F., Meng, B.
  • (2012): Transient strain of high strength concrete at elevated temperatures and the impact of polypropylene fibers, Materials and Structures, Jg. 45, Nr. 5, S. 793-801
    Huismann, S., Weise, F., Meng, B., Schneider, U.
  • (2013): High temperature behaviour of self-compacting concrete with limestone powder, 7th International RILEM Symposium on Self-Compacting Concrete (Proceedings), 2–4 September, Paris, S. 221–228
    Pistol, K., Weise, F., Meng, B.
  • (2014): Polypropylene fibres and micro cracking in fire exposed concrete, Advanced Materials Research, Vol. 897, S. 284-289
    Pistol, K., Weise, F., Meng, B., Diederichs, U.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.4028/www.scientific.net/AMR.897.284)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung