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Kulturelle Beziehungen zwischen Nord- und Ostafrika im Holozän und ihr Einfluss auf erste Keramiknutzung und den Übergang zur Viehhaltung in Kenia

Subject Area Prehistory and World Archaeology
Term from 2011 to 2015
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 201188629
 
Final Report Year 2015

Final Report Abstract

Das Hauptziel des vorliegenden Projektes war, den Einfluss Nordostafrikas auf die Neolithisierungsprozesse im mittleren Holozän und den Übergang zur Viehhaltung im Spätholozän in Ostafrika zu untersuchen und mögliche Verbreitungsprozesse aufzuzeigen. Dazu wurden in einem interdisziplinären Ansatz einerseits Keramikfunde und andererseits menschliche Knochenfunde von den Ufern des Turkanasees in Nordkenia neu untersucht und mit Funden aus dem Niltal, der Butanaregion, der südlichen Ostsahara, dem Südsudan und Äthiopien verglichen. Die Untersuchung der Funde in Ostafrika erfolgte vor dem Hintergrund einer genauen Kenntnis der Keramikinventare aus der östlichen Sahara und mit Hilfe eines einheitlichen und erprobten Bearbeitungs- und Klassifikationssystems. Die Analysen von 400 Keramikscherben und Skelettresten von 21 Individuen von Uferfundplätzen aus der Koobi Fora Region, Lowasera und der Region um Lothagam aus der Phase des maximalen Hochstandes des Turkanasees (>+80m), belegen, dass die Fischer-Jäger-Sammler-Gruppen Nordostafrikas und Nordkenias gemeinsame Wurzeln haben. Die Keramik lässt sich zweifelsfrei dem „Early Khartoum“, bzw. dem Wavy-Line Komplex zuordnen, materielle Kultur und sozioökonomische Systeme der nordkenianischen Fischer-Jäger-Sammler Gruppen weisen allerdings deutliche regionale Ausprägungen auf. Die robusten Skelette belegen eine eindeutige Zugehörigkeit zum Saharo-Nilotischen Populationskomplex. Typologische überregionale Vergleiche machen eine Datierung der Keramikinventare in das mittlere 6. vorchristliche Jahrtausend wahrscheinlich; die weitaus älteren, allerdings wenig belastbaren absoluten Datierungen, die ein Alter der Fischer-Jäger-Sammler Inventare am Turkanasee bis zu 9000 bp angeben, werden nicht gestützt. Keramikherstellung breitete sich von Norden nach Süden durch Kontakte und direkte Lehr-und Lernprozesse aus. Auch das Hirtentum verbreitete sich von Nordostafrika nach Nordkenia. Die nordafrikanischen Hauptträger waren allerdings nicht wie vorab angenommen migrierende Klimaflüchtlinge aus der Ostsahara, sondern kleinere Hirtengruppen des nubischen Kreises, insbesondere der A-Gruppe. Neben Klimawandel gaben wahrscheinlich auch politische/soziale Unruhen in Nubien den Anstoß zu „small scale“ Migrationen Richtung Süden. Anscheinend gelangten kleine Hirtenverbände über einen längeren Zeitraum in das Turkanagebiet, wo sie zusammen mit der autochthonen Bevölkerung die kulturell und anthropologisch eigenständigen Early Pastoral Neolithic-Gruppen hervorbrachten. Untersuchungen an ca. 2100 Gefäßeinheiten von sechs Early Pastoral Neolithic-Fundplätzen mit Dongodien/Nderit- und Ileret-Keramik aus der Turkanaregion sowie Analysen von Skelettresten von insgesamt 24 Individuen des Savanna Pastoral Neolithic, wozu die Turkanagruppen zählen, sowie des Eburran 5 und des Elmenteitan, belegen, dass die frühesten Hirtengruppen in Kenia biologisch als auch kulturell einen nordafrikanischen Hintergrund mit einem starken autochthonen kenianischen Anteil aufweisen. Die beiden frühesten Keramiken des Pastoral Neolithic lassen gemeinsame Ursprünge im nubischen Kreis erkennen, weisen jedoch keine Gemeinsamkeiten mit der Khartumtradition auf, zu der auch die Late Kansyore-Keramik vom Viktoriasee in Westkenia zählt. Die oft behaupteten äthiopischen Verbindungen sind biologisch und kulturell für die frühen Turkanahirten nicht nachweisbar. Vielmehr prägen sie die Skelette der LSA Gruppen Eburran 5 und Elmenteitan. Die Ergebnisse des Forschungsprojektes korrigieren die weit verbreitete Vorstellung einer einheitlichen ökologisch bedingten „Einwanderungswelle“ aus dem Norden und zeigen vielmehr ein vielfältiges und regional differenziertes Bild der Neolithisierungsprozesse in Kenia als auch in Ostafrika.

Publications

  • Cultural connections with Northeast Africa? An assessment based on the pottery of the Earliest Livestock-Keepers of East Africa. Zeitschrift für Archäologie Außereuropäischer Kulturen, Bd 7, 2017, S. 83-128
    Keding, B.
  • Middle Holocene fisher-hunter-gatherers of Lake Turkana in Kenya and Their Cultural Connections with the North: The Pottery. Journal of African Archaeology, Volume 15, Issue 1, pages 42 – 76, 2017
    Keding, B.
    (See online at https://dx.doi.org/10.1163/21915784-12340003)
 
 

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