Untersuchung der mikrogeometrischen Eingriffsverhältnisse beim Längsumfangsplanschleifen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Anders als bei geometrisch bestimmten Fertigungsverfahren sind die verfügbaren Erkenntnisse über die Eingriffsverhältnisse und Trennmechanismen beim Schleifen limitiert. Ursächlich hierfür sind unter anderem die stochastische Gestalt der Schleifwerkzeuge, Eingriffsdimensionen im einbis zweistelligen Mikrometerbereich sowie hohe Arbeitsgeschwindigkeiten, die eine schnell ablaufende Spanbildung in einem zumeist nicht einsehbaren Schleifspalt zur Folgen haben. Einen Ansatz, der geeignet ist, das Wissen über die Spanbildung und die Materialtrennmechanismen beim Schleifen zu erweitern, stellen Schnittunterbrechungsexperimente dar. Voraussetzung für deren Durchführung ist allerdings die Verfügbarkeit einer Schnittunterbrechungsmethode, die es ermöglicht, den Werkzeug-Werkstück-Kontakt bei schleifprozesstypischen Arbeitsgeschwindigkeiten zu unterbrechen. Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurde eine mechanische Schnittunterbrechungsvorrichtung entwickelt, die es erlaubt, den Werkzeug-Werkstück-Kontakt beim Längsumfangsplanschleifen im Gegenlaufmodus prozesssicher zu unterbrechen. Die Schnittunterbrechung wird hierbei durch den Zwangskontakt von zwei mit der Schleifscheibe in einer Mitnehmervorrichtung rotierenden Anschlagstiften und einem mit dem Werkstück verbundenen Stopper realisiert. Um eine für die Kraftübertragung ausreichende Überdeckung zwischen Anschlagstiften und Stopper sicherzustellen, wird letzterer über einen Druckluft-Zylinder in den Eingriff bewegt. Die Ansteuerung des Druckluft-Zylinders erfolgt über einen entsprechend an der Werkzeugbahn positionierten Induktivsensor sowie ein bistabiles 4/2-Wegeventil. Im Anschluss wurden Flachschleifexperimente durchgeführt, anhand derer das Prozessverhalten beim Längsumfangsplanschleifen charakterisiert wurde. Zu diesem Zweck wurde aus den Prozesseinstellgrößen die mittlere Einzelkornspanungsdicke hcu bestimmt und in Abhängigkeit davon die Prozesskräfte sowie die maximale Bauteilrauheit bestimmt. Es konnte gezeigt werden, dass die Prozesskräfte über der mittleren Einzelkornspanungsdicke nahezu linear ansteigen. Für die Bauteilrauheit konnte kein vergleichbar eindeutiges Prozessverhalten nachgewiesen werden. Daraufhin wurden Schnittunterbrechungsexperimente mit vergleichbaren mittleren Einzelkornspanungsdicken durchgeführt, die Aufschluss über die Spanbildungsmechanismen sowie die Anzahl der aktiven Schneiden lieferten. Die Ergebnisse zeigen, dass im Eintrittsbereich des Kontaktbogens Effekte wie das Mikrofurchen, Mikropflügen und die Sekundärspanbildung den Materialabtrag dominieren. Im mittleren Bereich des Kontaktbogens sowie im Austrittsbereich lassen sich hingegen vermehrt Fließ- und Scherspäne bzw. Spanwurzeln identifizieren. Hier dominiert der Effekt des Mikrospanens. Dennoch können hier auch Materialaufwürfe sowie Sekundärspäne identifiziert werden, was auf unterschiedliche Kornüberstände der Abrasiv-Körner zurückzuführen ist. Hinsichtlich der Anzahl aktiver Schneiden wurde festgestellt, dass auch bei jener Parameterkombination, bei der die Abrasiv-Körner die größten Spanungsdicken erreichen (vc = 10 m/s, vf = 500 mm/min, ae = 1 mm, hcu = 5,63 µm), weniger als 21 % der insgesamt an der Schleifbelagsoberfläche befindlichen Abrasiv-Körner an der Materialtrennung beteiligt sind. Dieser Anteil sinkt kontinuierlich bis auf weniger als 5 % bzw. 68 aktive Schneiden bei der Parameterkombination mit der geringsten hier untersuchten Spanungsdicke (vc = 30 m/s, vf = 250 mm/min, ae = 1 mm, hcu = 3,10 µm). Abschließend wurden die in den Schnittunterbrechungsversuchen gewonnenen Erkenntnisse dazu genutzt, ein Modell zur Vorhersage der aktiven Schneiden im Austrittsbereich des Kontaktbogens aufzustellen. Basis dieses Modells ist die maximale Einzelkornspanungsdicke hcu;max sowie die Kennwerte der Materialanteilskurven der eingesetzten Schleifwerkzeuge. Mit diesem Modell ist es möglich, die Anzahl aktiver Schneiden im Austrittsbereich des Kontaktbogens für Werte hcu;max < Rpk vorherzusagen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Chip root analyses in peripheral longitudinal up-grinding by means of a new quick stop device. International Journal of Abrasive Technology (IJAT), 7,1, pp 59-72, 2015
Denkena, B., Grove, T., Seiffert, F.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1504/IJAT.2015.070583) - Mikrogeometrische Eingriffsverhältnisse beim Längsumfangsplanschleifen. Diamond Business – Das Magazin für Diamantanwendungen, 52 (2015): 62-72
Denkena, B., Grove, T., Seiffert, F.