Signifikative Regionalisierung und politisch-ökonomische Praxis: die Institutionalisierung "Mitteldeutschlands" in Politik und Wirtschaft
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt bietet eine neue Perspektive zum multidimensionalen Charakter von Regionen und leistet einen Beitrag zu den aktuellen Debatten um miteinander verbundene relationale und territoriale Prozesse der Regionsbildung. Anhand des Beispiels der Region „Mitteldeutschland“ wird kenntlich, wie regionale Räumlichkeiten durch verschiedene Raumkonzepte, z.B. Container- und Netzwerkkonzepte, gleichzeitig ko-konstituiert werden, wodurch eine Vielzahl von räumlichen Gebilden entsteht, aber auch diskursive Widersprüche auftreten. Einerseits wird daher argumentiert, dass im ontologischen Sinne Regionen als multidimensionale polysemische Räume und dynamische und fluide räumliche „Phantome“ zu begreifen sind. Andererseits zeigen aber die empirischen Befunde zu Mitteldeutschland als Kulturregion und Wirtschaftsregion, dass im diskursiven Prozess des Geographie-Machens diese regionalen Einheiten und ihre Teilräume auch als begrenzte Containerräume erscheinen und Wirkmacht entfalten. In der Analyse der beiden Kontexte der Konstitution Mitteldeutschlands treten das Zusammenspiel der unterschiedlichen Raumkonzepte wie auch die damit einhergehenden Widersprüche konkreter hervor. Das Konzept des Netzwerks ist zum Beispiel ein zentrales konstitutives Element im Diskurs um Mitteldeutschland und seine kulturelle wie auch wirtschaftliche Stärke. Andererseits sind aber auch die drei Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen als territoriale Einheiten Teil dieses die Metropolregion konstituierenden Diskurses, was sich nicht zuletzt in administrativen Hürden der tatsächlichen Vernetzung, etwa bei der Verwirklichung des grenzüberschreitenden Pilgerwegs „Lutherweg“ niederschlägt. Somit deutet vieles darauf hin, dass das Zusammenspiel von Vernetzung und Begrenzung bei gleichzeitiger Inkonsistenz der Konzepte weit in Praktiken der Regionsbildung hineinreicht. Es scheint daher wichtig und lohnend, die Implikationen von möglichen, bislang unerkannten Synergien und Reibungsstellen zwischen verschiedenen Regionsformationen in ihrer raumzeitlichen Situiertheit genauer zu erforschen. So wäre etwa genauer zu analysieren, inwiefern gerade Praktiken der Reglementierung und politischen Steuerung vom stetigen und doch veränderlichen regionsbildenden Zusammenspiel von Territorien, Netzwerken und fluiden Raumkonzepten und ihrer Konflikthaftigkeit beeinflusst werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2013). The Central German Metropolitan Region - Multiple Spatial Dimensions of Politico-Economic Discourses. In D. Carl & L. Reynolds (Eds.), Mobilizing Regions: Territorial Strategies for Growth. London: Regional Studies Association, pp. 13-16
Baars, R., & Schlottmann, A.
- (2015). Spatial Multidimensionalities in the Politics of Regions: Constituting the ‘Phantom Region‘ of Central Germany. Erdkunde, 69(2), 175-186
Baars, R., & Schlottmann, A.
(Siehe online unter https://doi.org/10.3112/erdkunde.2015.02.07) - (2015): Taking Borders Elsewhere – The Political Performance of Phantom Borders in Central Germany. Europa Regional 22, 3-4, 90-100
Baars, R. & A. Schlottmann
- (2017): Intertwined Spatialities: Discursive Construction(s) of Central Germany. In: Riding, J. & M. Jones: Reanimating Regions. Cultures, Politics, Performance. London: Routledge, pp. 159-177
Baars, R. & A. Schlottmann
(Siehe online unter https://doi.org/10.4324/9781315679723-12)