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Spracherwerb (L2 acquisition) bei Russisch als Muttersprache in deutsch- vs. tschechischsprachiger Umgebung

Subject Area Individual Linguistics, Historical Linguistics
Term from 2011 to 2019
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 209543957
 
Final Report Year 2020

Final Report Abstract

ImmigrantInnen mit russischer Muttersprache sehen sich in Tschechien und Deutschland vor die Aufgabe gestellt, eine nicht-homogene (diglossische bzw. diaglossische) L2 zu erwerben. Ihr Spracherwerb ist durch die L1 Russisch geprägt, die im Falle des Tschechischen mit der L2 eng verwandt ist, im Falle des Deutschen nicht. Das von der DFG geförderte deutsche Teilprojekt befasste sich mit a) der Beeinflussung des Spracherwerbs durch eine dialektale alemannische Umgebung, b) dem Alterseffekt beim Deutscherwerb und c) der Frage, in welcher Weise sich der Erwerb einer verwandten L2 von dem einer nicht (oder entfernt) verwandten L2 unterscheidet. Zu a) Die ProbandInnen verwendeten 12 Dialektmerkmale, von denen fünf bei mehr als der Hälfte der SprecherInnen nachgewiesen werden konnten. Dialektmerkmale traten besonders in den Äußerungen der Gruppen mit „mittleren“ Immigrationsalter (12-30 Jahre) auf, d.h. weder bei ganz früh noch bei ganz spät Immigrierten. Die wichtigsten soziolinguistischen Variablen, die eine Rolle spielen, sind die Dauer der in Deutschland besuchten Bildungseinrichtungen, der Arbeitsschwerpunkt der ausgeübten Tätigkeit sowie die Dominanz des Deutschen im Sprachgebrauch der ProbandInnen. Zu b) Anhand von vier morphosyntaktischen Kategorien, die für Russischsprachige schwer zu erlernen sind (Definitheit, Genus, Kasus nach Wechselpräpositionen und expletives Subjekt („es“)) wurde die Beziehung zwischen Immigrationsalters, implizitem und explizitem Wissen und allgemeiner Sprachkompetenz untersucht . Zudem wurden die Ergebnisse der ProbandInnen mit denen von MuttersprachlerInnen verglichen. Bei den untersuchten morphosyntaktischen Kategorien zeigten sich Unterschiede in der erreichten Kompetenz: Genus und Definitheit gehören zu den Kategorien, die auch bei einem frühen Immigrationsalter nicht auf muttersprachlichem Niveau erworben werden. Zu c) Während bei russischen Tschechischlernern der Transfer von Material (morphologische Endungen, Lexik) zu beobachten ist, tritt dieses Phänomen bei russischsprachigen DeutschlernerInnen nicht auf. Sie transferieren „pattern“, z.B. Genus und – vor allem bei Anfängern – syntaktische Strukturen (fehlende Kopula, Wortfolge, usw.). Für beide Gruppen gibt es nicht auf muttersprachlichem Niveau erlernbare:Kategorien, die folgende Eigenschaften aufweisen: größere Komplexität/Differenziertheit in der L2 im Vergleich zur L1 oder gänzliches Fehlen in der L1, komplexe und intransparente Regeln der Verwendung, geringes semantisches Gewicht, reduzierte Hörbarkeit. Frequenz scheint hingegen keine besondere Rolle zu spielen.

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