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Irreguläre Erregungszustände in Reaktions-Diffusions-Systemen als Folge wechselseitiger Störung von Erregungszentren und räumlicher Inhomogenitäten

Subject Area Statistical Physics, Nonlinear Dynamics, Complex Systems, Soft and Fluid Matter, Biological Physics
Term from 2011 to 2016
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 209947517
 
Final Report Year 2017

Final Report Abstract

In diesem Projekt wurde die Entstehung irregulärer raum-zeitlicher Erregungsmuster in Reaktions-Diffusions-Systemen untersucht, die als Folge wechselseitiger Störungen von aufeinander treffenden Wellenfronten verschiedener Erregungszentren im Zusammenspiel mit räumlichen Inhomogenitäten auftreten. Ein Schwerpunkt der Studien lag auf der Exploration und Analyse möglicher Mechanismen für die Entstehung von Vorhofflimmern. In einer idealisierten Simulationsgeometrie wurden sich regulär ausbreitende Wellenfronten des Aktionspotentials von zwei Taktgebern in zwei voneinander getrennten Gebieten mit definierten Frequenzen erzeugt, die den rechten und linken Herzvorhof repräsentieren und nur duch einen engen Kanal (Isthmus) miteinander verbunden sind. Zunächst wurden numerische Rechnungen für das generische Reaktions-Diffusions-Modell von FitzHugh und Nagumo (FHN-Modell) durchgeführt, das elektrophysiologische Eigenschaften der Vorhöfe nicht spezifisch berücksichtigt. Hierbei konnten drei verschiedene Typen I-III der Entstehung irregulärer Erregungszustände identifiziert werden, die mit unterschiedlichen Bereichen der Taktgeberfrequenzen verbunden sind. Typ I und II werden durch Ablösungen von Wellenfronten am Isthmus und die nachfolgende Entstehung von Wellenfragmenten mit offenen Enden verursacht. Typ III entsteht nach Verdrängung von Wellenfronten eines Taktgebers durch die Wellenfronten des anderen Taktgebers in einem Randbereich des Simulationsgebietes. Nachfolgend wurden analoge Untersuchungen mit dem Modell von Bueno-Orovio, Cherry und Fenton (BOCF-Modell) durchgeführt, wobei eine Anpassung des zunächst für die Herzkammern konzipierten Modells an die Elektrophysiologie in den Vorhöfen erfolgte. Hierbei wurden drei verschiedene BOCF-Modellvarianten betrachtet, die physiologischen und remodellierten Bedingungen des leitenden Gewebes entsprechen sowie einer Reduktion der Erregbarkeit der Zellen. Als Ergebnis dieser Untersuchungen zeigte sich, dass die zunächst auf Grundlage des FHN- Modells gefundenen Entstehungstypen I-III für Irregularitäten bei den BOCF-Modellvarianten nicht immer auftreten und dann, wenn sie auftreten, vergleichsweise schwach ausgeprägte Irregularitäten erzeugen, die keinen Flimmerzuständen entsprechen. Dagegen zeigte die BOCF-Modellvariante für reduzierte Erregbarkeit des elektrisch leitenden Gewebes einen weiteren Entstehungstyp IV für Irregularitäten in Zusammenhang mit dem Auftreten einer transienten Leitungsblockade in einem bestimmten Bereich der Taktgeberfrequenzen. Dieser führt zu Erregungsmustern, die Flimmerzuständen entsprechen und Beobachtungen aus experimentellen Untersuchungen widerspiegelt. Weiterhin wurde gezeigt, dass die Anpassung des BOCF-Modells an die Elektrophysiologie in den Vorhöfen, die sich zunächst auf Eigenschaften einzelner Aktionspotentiale konzentrierte, auch hinsichtlich der raum-zeitlichen Dynamik eine gute Übereinstimmung mit detaillierten Modellen liefert, in denen alle bekannten Ionenströme durch die Membran der erregbaren Zellen berücksichtigt werden. Auf dieser Grundlage wurde das gegenüber solch detaillierten Modellen vereinfachte BOCF-Modell weiter analysiert und ein Verfahren entwickelt, mit dem Aktionspotentiale patientenspezifisch mit dem BOCF-Modell modelliert werden können. Dieses Verfahren kann als Hilfestellung bei der Diagnostik pathologischer Eigenschaften fungieren. In einem separaten Teil des Projekts wurde die diffusive Kopplung von in einem Gitter angeordneten erregbaren chemischen Zellen modelliert in Kooperation mit der Gruppe von Prof. Köhler an der TU Ilmenau, in der entsprechende Experimente auf Grundlage der Belousov-Zhabotinsky-Reaktion durchgeführt wurden. In Übereinstimmung mit den Experimenten wurden komplexe Oszillationsmoden mit multi-periodischem Verhalten sowie langsamen und abrupten Amplitudenmodulationen identifiziert. Auf Grundlage der theoretischen Modellierung konnte die Entstehung dieser Moden mit dem Übergang in ein kopplungsinduziertes Regime von Oszillationen assoziiert werden.

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