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Validitätsverlust durch Bekanntheit? Eine Studie zu Konsistenz- und Positivitätsbiases bei Verhaltensbeurteilungen durch loyale und neutrale Andere

Subject Area Personality Psychology, Clinical and Medical Psychology, Methodology
Term from 2011 to 2013
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 215016362
 
Final Report Year 2013

Final Report Abstract

Das Projekt behandelte die Frage, inwiefern Beurteilungen des Verhaltens einer Person in einer konkreten Situation davon beeinflusst werden, welches Bild die urteilende Person bereits zuvor von der beurteilten Person hatte. Es zeigt sich, dass Selbst- und Bekanntenbeurteilungen des Verhaltens einer Person zumindest teilweise dem Urteil entsprechen, zu dem auch eine neutrale Person ohne Vorinformation kommen würde. Etwa gleich stark ist unabhängig davon jedoch der Einfluss der Einschätzung, die die urteilende Person bereits von der beurteilten Person hatte, bevor sie das zu beurteilende Verhalten überhaupt zu sehen bekam. Wenn etwa A bereits denkt, B sei „schlagfertig“, dann wird A das Verhalten von B in einer entsprechenden Situation später tendenziell auch so einschätzen, und zwar unabhängig davon, wie sich B in der Situation wirklich verhalten hat. Eine weitere relevante Variable ist das insgesamt eher positive oder negative Bild, das die urteilende von der beurteilten Person hat. Wer einer Person generell viele positive, aber wenige negative Eigenschaften zuschreibt, wird dies später tendenziell auch im Hinblick auf das Verhalten der Person in einer konkreten Situation tun, und zwar ebenfalls unabhängig vom realen Verhalten dieser Person. Weiterhin zeigte sich in unserem Projekt, dass Menschen dazu neigen, das Verhalten ihnen nahstehender Personen übermäßig positiv zu beurteilen. Das Projekt belegt insgesamt die Anfälligkeit von Verhaltensbeurteilungen für Einflüsse, die durch zuvor bereits bestehende Beziehungen zwischen urteilender und beurteilter Person zustande kommen. Praktisch relevant ist dies zum Beispiel bei mündlichen Prüfungen, in denen Prüfer ja eigentlich nur die Leistung der Kandidaten in der konkreten Prüfungssituation beurteilen sollen. Besteht jedoch zuvor bereits eine (positiv oder negativ getönte) Beziehung zwischen Prüfer und Kandidat (z.B. durch Zusammenarbeit) und hat der Prüfer bereits einen festen Eindruck vom Kandidaten bzgl. spezifischer Merkmale (z.B. „intelligent“), so wird es dem Prüfer schwerfallen, bei der Beurteilung der Prüfungsleistung von diesen bereits bestehenden Eindrücken zu abstrahieren. Ein analoges Problem ergibt sich sehr wahrscheinlich bei Zeugenaussagen. Unser Projekt belegt die Wirkung eines sehr allgemeinen psychologischen Mechanismus: Menschen können sich Urteile über das Verhalten von Personen in konkreten Situationen offenbar nicht unabhängig von ihren bereits zuvor bestehenden Eindrücken von diesen Personen bilden. In den genannten und anderen Kontexten (z.B. Peer-Review im wissenschaftlichen Kontext) ist es daher anzuraten, Bekanntheit zwischen urteilender und beurteilter Person möglichst weitgehend auszuschließen.

 
 

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