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Gen-Umwelt Interaktion im Kontext der Stresshormonregulation: Die Bedeutung epigenetischer Prozesse

Subject Area General, Cognitive and Mathematical Psychology
Term from 2012 to 2015
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 216452961
 
Final Report Year 2016

Final Report Abstract

Innerhalb der letzten Jahre konnten wiederholt spezifische Gen-Umwelt Konstellationen identifiziert werden, die mit einer erhöhten Vulnerabilität für die Entwicklung psychischer Erkrankungen einhergehen. Die zugrundeliegenden systemischen und molekularen Mechanismen solcher Gen x Umwelt (GxU) Interaktionen sind jedoch bis heute weitgehend unbekannt. Ein prominentes Beispiel ist dabei der Serotonin-Transporter Polymorphismus (5-HTTLPR), der in einer initialen Untersuchung den Zusammenhang zwischen aversiven Lebensereignissen und Depression moderierte. In dieser einflussreichen Längsschnittstudie erkrankten Träger der kurzen Allelvariante (S Allel) unter hoher Stressbelastung signifikant häufiger an Depression als homozygote Träger der langen Allelform (L Allel). Eine dysfunktionale Regulation der neuroendokrinen Stresssensitivität wird hierbei als entscheidendes Bindeglied einer GxU vermittelten Depressionsvulnerabilität auf Systemebene diskutiert. Im Einklang mit dieser Hypothese konnten wir durch eine Meta-Analyse zunächst nachweisen, dass homozygote Träger der kurzen Allelvariante stärkere Cortisolstressreaktionen während eines psychosozialen Laborstressor zeigten im Vergleich zu Personen mit dem SL oder LL Genotyp. Damit konnte erstmals meta-analytisch bestätigt werden, dass S Allel Träger bereits auf einer biologischen Systemebene sensitiver auf soziale Stressoren reagieren. Anknüpfend an diese Befunde auf Systemebene wurden innerhalb des DFG Projekts potentielle molekulare Pfade erforscht auf denen aversive Lebenserfahrungen in Abhängigkeit der genetischen Prädisposition zu einer differentiellen Stresssensitivität beitragen. Hierbei wird eine zeitstabile Modifikation der Genregulation durch epigenetische Veränderungen (z.B. DNA Methylierung) aktuell als vielversprechendes Erklärungsmodell erachtet. Ein zentrales Ziel des Projekts war es daher, zunächst den Einfluss genetischer und umweltbedingter Risikofaktoren auf die Expression und DNA Methylierung eines zentralen psychiatrischen Kandidatengens zu erforschen (Serotonin-Transporter Gen, SLC6A4). Hierbei zeigte sich in einer Stichprobe gesunder Erwachsener, dass die Kombination aus S Allel und frühen Stresserfahrungen (pränataler Stress, kindliche Traumatisierung) mit einer signifikant verminderten Expression des SLC6A4 Gens assoziiert war. Eine zeitstabile Modifikation der SLC6A4 Regulation stellt somit eine mögliche Erklärung für GxU vermittelte Unterschiede in serotonerg modulierten Stressreaktionssystemen dar. Dieser Effekt wurde jedoch nicht, wie zunächst erwartet, durch epigenetische Modifikationen des SLC6A4 Gens vermittelt. SLC6A4 Methylierungsmuster erwiesen sich zwar als signifikante Prädiktoren der Genexpression (und somit als funktional relevant), waren jedoch unabhängig von 5-HTTLPR Genotyp oder aversiven Umwelterfahrungen (Wankerl et al., 2014). Zusammenfassend weisen diese Studienergebnisse darauf hin, dass ein Zusammenspiel von Genen und Umwelt bereits auf einer frühen Ebene der Genregulation stattfindet und dabei die Pränatalzeit, bzw. Kindheit, sensitive Perioden darstellen, da keinerlei Effekte in Abhängigkeit rezenter Lebensereignisse nachgewiesen werden konnten. Im nächsten Schritt wurde innerhalb des Projekts experimentell untersucht, inwiefern epigenetische Veränderungen des SLC6A4 Gens bedeutsame Prädiktoren der neuroendokrinen Stresssensitivität darstellen. Hierbei zeigte sich in einem Kollektiv gesunder Erwachsener, dass SLC6A4 Methylierungsmuster den Zusammenhang zwischen 5-HTTLPR Genotyp und Cortisolstressreaktivität während eines psychosozialen Laborstressors moderierten. Darüber hinaus konnten wir eine positive Assoziation zwischen SLC6A4 Methylierung und funktionaler Ruhekonnektivität der Amygdala mit Hauptknotenpunkten des Salienznetzwerks nachweisen. Eine verstärkte funktionelle Ruhekonnektivität innerhalb des Salienznetzwerks erleichtert potentiell die Detektion und Verarbeitung negativer Reize und stellt gemeinsam mit einer dysfunktionalen Cortisolstressreaktivität ein häufiges Korrelat affektiver Störungen dar. Zusammengefasst zeigen diese ersten Befunde, dass SLC6A4 Methylierungsmuster mit klinisch relevanten Veränderungen der neuroendokrinen Stresssensitivität assoziiert sind und dabei genetisch vermittelte Unterschiede verstärken oder kompensieren können. Dies ist insofern relevant, als epigenetische Marker potentiell veränderbar sind und somit aus deren Bezug zu einer differentiellen Stresssensitivität künftig anwendungsbezogene Implikationen zu erwarten sind. Weiterhin legen diese initialen Studienergebnisse nahe, dass sich in Zukunft durch die gleichzeitige Untersuchung genetischer und epigenetischer Informationen robustere Assoziationen identifizieren lassen als es die klassisch genetischen Assoziationsstudien bisher erlaubten.

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