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Einflussparameter auf die verzögerte Rissbildung in neu entwickelten hochfesten Stählen

Fachliche Zuordnung Metallurgische, thermische und thermomechanische Behandlung von Werkstoffen
Förderung Förderung von 2006 bis 2008
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 21809060
 
Erstellungsjahr 2008

Zusammenfassung der Projektergebnisse

2.1. Verzögerte Rissbildung ist eine Versagensform tiefgezogener Bauteile, welche die Ersetzbarkeit verschiedener Werkstoffe stark einschränkt. Abhängig von den Umformparametern neigen manche Werkstoffe dazu, innerhalb von wenigen Minuten bis hin zu mehreren Tagen oder Wochen nach dem Umformen plötzlich und nicht vorhersehbar Risse aufzuweisen. Dieses Verhalten wird als Delayed Cracking bezeichnet und führt dazu, dass die betroffenen Werkstoffe als generell ungeeignet für eine Verarbeitung durch Tiefziehen angesehen werden. Delayed Cracking wird durch eine Kombination von werkstoffimmanenten Größen, Prozessgrößen und externen Größen begünstigt. Die werkstoffimmanenten Größen sind dabei die chemische Zusammensetzung, die Gefugemorphologie sowie die Gefügeevolution während des Prozesses und die Stapelfehlerenergie, welche ihrerseits aber auch von der chemischen Zusammensetzung abhängt. Reine Prozessgrößen sind diejenigen Größen die nur durch den Verarbeitungsprozess eingebracht werden. Dazu gehören die Eigenspannungen im Bauteil nach dem Umformen und Beeinträchtigungen der Oberflächengüte z.B. an Schnittkanten. Als externe Größen bezeichnet man solche Größen, die weder aus dem Werkstoff noch aus dem Prozess, sondern z.B. in der Anwendung des Bauteils zu Delayed Cracking beitragen. Hierzu können wasserstoffhaltige Medien zählen, die über Diffusion die Wasserstoffgehalte im Werkstück beeinflussen und über dessen Reaktionen mit dem Gefüge zu einem Versagen führen. In diesem Projekt sollte untersucht werden, welche Kombinationen der oben genannten Parameter zu Delayed Cracking führen können. Der statistische Versuchsansatz diente zur Identifikation der Faktoren, welche einen Einfluss auf die Zielgröße Delayed Cracking besitzen. Aus den im Projekt durchgeführten Versuchen lässt sich schließen, dass nur eine Kombination verschiedener Faktoren zu Verzögerter Rissbildung führt. Diese Faktoren sind im Einzelnen: Eine niedrige Stapelfehlerenergie, die Zwillingsbildung und verformungsinduzierte Martensitbildung begünstigt. Diffusionsfähiger Wasserstoff im Gefüge, der lokal die Stapelfehlerenergie (SFE) weiter absenkt und somit zu lokal geänderten Deformationsmechanismen führt. Die Umformtemperatur. Erhöhte Umformtemperaturen führen zu steigender SFE. Dadurch werden Zwillings- bzw. Martensitbildung zugunsten von Gleitvorgängen reduziert. Dies wiederum beeinflusst die Wasserstoff-Übersättigung im Gefüge. Zusätzlich müssen nach der Umformung Eigenspannungen im Gefüge vorliegen, die in Zusammenspiel mit den oben genannten Faktoren kritische Werte erreichen. Die kritischen Werte wiederum sind vom Werkstoff und dessen Festigkeit abhängig. Eigenspannungen werden außerdem von der Umformtemperatur und gegebenenfalls ablaufender Zwillingsbildung oder Martensitumwandlung beeinflusst. Eine adiabatische Erwärmung der Probe bei der Umformung sorgt ebenso für reduzierte Eigenspannungen wie eine erhöhte Prozesstemperatur. So verringerten sich bei einer 82 mm Ronde nach einer Erhöhung der Versuchstemperatur von 23 auf 50°C die Randbiegespannungen 6 mm vom Napfrand im hochmanganhaltigen Stahl von 355 auf 282 MPa. 2.2 Das Institut für Eisenhüttenkunde befasst sich in aktuellen und zukünftigen Projekten intensiv mit dem Thema Verzögerte Rissbildung. Derzeit läuft das Projekt "Delayed Cracking" in Zusammenarbeit mit dem niederländischen Forschungsinstitut M2I (ehemals NIMR) und der Firma Philips, in dem anwendungsnah die Ursachen für Delayed Cracking in Boiler- Werkstoffen untersucht werden. Ein weiteres Industrieprojekt in Zusammenarbeit mit dem koreanischen Stahlunternehmen POSCO beschäftigt sich mit der verzögerten Rissbildung in neu entwickelten Stählen. Weiterhin wird momentan im Rahmen des europäischen RFCSForschungprojekts "Charge and load" der Einfluss einer Wasserstoffbeladung auf das Delayed Cracking gemeinsam mit europäischen Forschungspartnern untersucht. Geplant ist außerdem, die Fragestellungen im Bereich Delayed Cracking von hochmanganhaltigen Stählen in der 2. Antragsperiode des Sonderforschungsbereiches 761 der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu berücksichtigen und ein weiteres Teilprojekt zu diesem Thema zu initiieren. Anwendungen der Ergebnisse ergeben sich in allen Bereichen, in denen Delayed Cracking von umgeformten Blechen ein Problem darstellt. Dazu gehören vor allem die klassischen Tiefziehprozesse für Behälter und Automobil-Komponenten. Insbesondere bei sicherheitsrelevanten Automobilteilen stellt katastrophales Versagen ohne vorherige Ankündigung ein Risiko dar. Das Verhindern von Delayed Cracking ist somit für einige Werkstoffe unabdingbare Voraussetzung, um für den Einsatz im Automobil geeignet zu sein.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Delayed cracking in meta-stable austenitic stainless steels and its prediction by FEM simulation, X. Quo, J. Post, W. Bleck, Symposium New Methods in Steel Design, MSE 2008, Nürnberg

  • Evelin Ratte, Dissertation: Wasserstoffinduzierte verzögerte Rissbildung austenitischer Stähle auf CrNi(Mn)- und Mn- Basis, Shaker Verlag, ISBN: 978-3-8322-6272-3, Aachen 2007

 
 

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