Bestandskatalog der nordalpinen Bildwerke 1380-1440 in der Skulpturensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Mit den insgesamt 122 Objekten der Berliner Skulpturensammlung, die 1380–1440 nördlich der Alpen bzw. im Alpenraum entstanden, konnte in einer dreijährigen Bearbeitungszeit ein der Forschung in großen Teilen kaum oder gar nicht bekannter Bestand intensiv erforscht werden. Darunter befinden sich zahlreiche Hauptwerke des sog. Schönen Stils, von denen einige durch die enge Zusammenarbeit von Kunst- und Restaurierungswissenschaft neu bewertet werden konnten. Anderen Skulpturen wurden durch diese Kooperation, durch die nun Aussagen zum ursprünglichen Aussehen, zur Farbfassung und zur Arbeitsweise der Bildhauer möglich sind, erstmals erfasst und ihre zu Teil sehr hohe Bedeutung für die Kunst um 1400 eingeschätzt. Durch ihre enzyklopädische Ausrichtung ist die Berliner Sammlung auch in dieser Epoche international in einzigartiger Breite vertreten, aus allen wichtigen mittel- und westeuropäischen Kunstzentren gibt es mitunter zentrale Werke. Daher sind die erarbeiteten Ergebnisse für ein großes wissenschaftliches, aber auch allgemeines Publikum von erheblicher Bedeutung. So konnten einige Hauptwerke Prager Kunst des späten 14. Jahrhunderts, der eng mit dieser zusammenhängenden fränkischen Skulptur und besonders etliche Figuren aus dem östlichen Alpengebiet neu bewertet werden. Wir wissen nun mehr über Exportwege und Aufstellungen, und es zeichnen sich einige neue Werkgruppen um hochrangige Aufträge für steirische Klöster (St. Lambrecht und Seckau) ab, die einen expressiven als Alternative zum vorherrschenden Weichen Stil bevorzugten. Neue technologische Funde halfen, einige oberrheinische und schwäbische Skulpturen ganz neu zu bewerten und historisch einzuordnen. Besonders reich war der Ertrag bei der Untersuchung der französischen Skulpturen, die überwiegend erst nach 1945 erworben und nur unzureichend oder gar nicht veröffentlicht worden waren. Ähnlich groß waren die Fortschritte bei der Erfassung der insgesamt neun Totenschilde aus Nürnberg und Bayern. Neben den Ergebnissen zu den einzelnen Objekten konnte aber auch Material für einige darüber hinaus weisende, interdisziplinäre Fragestellungen gesammelt werden. Dazu gehören die Themen Kunstexport und Migration, „dunkler Alternativstil“ zum Schönen Stil und besonders die sekundäre Veränderung und Umnutzung mittelalterlicher Skulpturen, worauf bei der Bearbeitung viel Wert gelegt wurde. Bei der Bearbeitung zeigte sich, dass sich bei einigen Objekten eine intensivere technologische Bearbeitung unter Zuhilfenahme von externen Forschern und aufwendigeren Methoden lohnen würde. Hier konnten überraschende Ergebnisse erzielt werden, etwa zur Provenienz von Steinmaterial oder im Fall einer kurz nach ihrer Fertigung mit einem neuen Tongesicht versehenen Holzmadonna. Künftige bzw. derzeit laufende, auch historische und restaurierungswissenschaftliche Forschungen zu diesen Themen werden von unseren Ergebnissen zweifellos profitieren. Eine Veröffentlichung in Form eines umfangreichen Bestandskatalogs ist für die zweite Hälfte des Jahrs 2017 terminiert.