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Mission durch Musik: Jesuitische Praxis und postkoloniale Nachwirkungen Das Projekt untersucht den Import europäischer Musik in das Lateinamerika der Frühen Neuzeit durch jesuitische Missionare, die Konsequenzen für die Musikkulturen sowie die postkolonialen Nachwirkungen des Ungleichgewichts der Überlieferungen.

Antragstellerin Dr. Jutta Toelle
Fachliche Zuordnung Musikwissenschaften
Förderung Förderung von 2012 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 220613752
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Am Beginn des Projekts stand die Beschäftigung mit einem in der Musikwissenschaft bisher nahezu unerforschten Themenkomplex, nämlich mit Musik im Kontext der europäischen Missionierung Lateinamerikas. Mission ohne Musik war in der Frühen Neuzeit undenkbar, sie diente zur Kontaktaufnahme und Kommunikation, zur Vermittlung von Werten, Wissen und Glaubensgrundsätzen; und sie war auch ein Teil der Herrschaftsstrategie der katholischen Conquistadores. Die Ausgangsfragestellung nach dem Einsatz von europäischer Musik durch die Missionare der Frühen Neuzeit in Lateinamerika - und nach den Auswirkungen dieses Narrativs auf das zeitgenössische Europa - zog ein Bündel an Fragestellungen nach sich: unter welchen Prämissen und mit welchem Ziel nutzten die Missionare europäische Musik in ihrer Missionsarbeit? Wie genau geschah das, und; lässt sich das so einfach rekonstruieren? Wo lassen sich geographische Zentren der Mission durch Musik verorten? Wer waren die Missionare, die für ihre Verwendung von Musik bekannt wurden, und wie (und warum) wurden sie bekannt? Welche Musik wurde verwandt, und wie ist diese überliefert? Wie verlief die Tradierungskette bzw. gibt es Berichte, die nicht auf dem Umweg über die Kolonialmächte in Europa bekannt wurden, sondern in Lateinamerika präsent blieben? Es ist im Zuge meiner Forschung deutlich geworden, dass Mission durch Musik sehr viel mehr ein europäisches Phänomen war als angenommen: europäische Akteure waren nicht nur vor Ort tonangebend, sondern bestimmten vor allem auch die Überlieferung und die Diskurse. Daher scheint es nötig, Mission durch Musik nicht nur als von Europäern dominiertes Phänomen, sondern als ein fast ausschließlich europäisches Narrativ wahrzunehmen. Dennoch wird es abschließend nötig sein, im Zuge postkolonialer Überlegungen das fast komplette Fehlen zeitgenössischer lateinamerikanischer Quellen zu thematisieren und diesen Leerraum in seiner Bedeutung für die heutigen Konstruktionen musikalischer Welten zu untersuchen.

 
 

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