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Selbst-Bewusste Erzählungen: Textlichkeit und gesellschaftliche Relevanz in US-amerikanischer Gegenwartskultur

Fachliche Zuordnung Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Angewandte Sprachwissenschaften, Computerlinguistik
Förderung Förderung von 2012 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 222302976
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt untersuchte die kulturelle Arbeit von autobiografischen US-Kriegserzählungen des 21. Jahrhunderts in verschiedenen, aktuell virulenten Medien und Formaten. Konkret nahm das Projekt die Popularitat des neumedialen Genres von im Kampfeinsatz verfassten Soldat_innen-Blogs (Milblogs) zum Anlass, um zu ergründen, wie deren spezielle Textlichkeit und Medialität gesellschaftliche Auseinandersetzungen mit den Themen Krieg und Kriegserfahrung beeinflussen. Diese Milblogs wurden gemeinsam mit einem Korpus medial heterogener kultureller Praktiken rund um Kriegsheimkehr und Kriegserzählung (z.B. Dokumentarfilme, Theater, Autobiografien, Townhall Meetings) betrachtet, mit dem sie in engem Zusammenhang stehen und die unter dem Begriff des "Homecoming Scenario" zusammengefasst wurden. Das Projekt versteht Milblogs und Homecoming Scenarios als 'selbst-bewusste' Erzählungen, deren Selbstbewusstsein und Selbstreflexivität es ihnen ermöglicht, zur aktuellen gesellschaftlichen Auseinandersetzung um Krieg und Kriegserfahrung beizutragen. Dabei wirken sie insbesondere in die Gesellschaft hinein, indem sie ihre Erwartungen an eine sozialtherapeutische Wirkung des öffentlichen Erzählens über Krieg im Austausch zwischen Soldat_innen, Veteran_innen und der Zivilgesellschaft explizit thematisieren. Diese forschungsleitende Hypothese wurde mit Hilfe eines kulturkomparatistischen Ansatzes verfolgt, der Milblogs und Homecoming Scenarios zu den Praktiken indigener Kriegerkulturen - speziell ihren narrativ-performativen Zeremonialtraditionen - in Beziehung setzt und damit sowohl die gemeinschaftsbildenden Dynamiken der untersuchten Phänomene als auch ihren gesellschaftlichen Wirkungshorizont in den Blick nimmt. Gleichzeitig diente dieser kulturkomparatistische Ansatz dazu, die innerhalb der öffentlichen und akademischen Diskurse über Kriegserfahrung sehr populären Verweise auf indigene Kriegertraditionen zu beleuchten. Der vergleichende Fokus des Projekts bietet also einen Zugriff auf die soziale Rolle des öffentlichen Erzählens über Krieg: er wendet transdisziplinäre Forschung zu indigener Epistemologie und indigenen Traditionen zur Analyse nicht-indigener Erzählformen an, um die Funktionen dieser kriegsbezogenen kulturellen Praktiken besser erfassen zu können. Dabei identifiziert und kontextualisiert der Ansatz funktionale Äquivalenzen zwischen beiden kulturell determinierten diskursiven Ausdrucksformen. Das Projekt bediente sich der interdisziplinär angewandten Begriffe der "Ritualität" und der "Narrativität" als zentraler methodologischer Instrumente, um ein Arbeitskonzept des "zeremoniellen Erzählens" (ceremonial storytelling) zu entwickeln, das die soziale Relevanz der beobachteten Diskurse verdeutlicht und gleichzeitig der generischen und medialen Vielfalt der untersuchten Erzählformen gerecht wird. Die enge Verzahnung traditioneller Konzepte der American Cultural Studies mit Fragen und Methoden der Sozialwissenschaften und der medizinischen Forschung im Projekt modellieren die auf Sozialtherapie abzielende soziale Relevanz der untersuchten kulturellen Praktiken und lassen auf die Potentiale weiterer transdisziplinärer Forschung zu Kriegserzählungen und Kriegserfahrung schließen.

 
 

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