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Konstitution und Erhalt von Kooperation am Beispiel von Wikipedia

Applicant Professor Dr. Wolfgang Glatzer, since 3/2007
Subject Area Empirical Social Research
Term from 2006 to 2008
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 22241380
 
Final Report Year 2008

Final Report Abstract

Das Projekt befasste sich mit der Frage nach den Ursachen, die Akteure dazu bewegt, ohne Erkennbarkeit eines persönlichen Nutzens an der Erstellung öffentlicher Güter mitzuarbeiten. Dies wurde am Beispiel des kollaborativen Arbeitens bei der Erstellung der Online Enzyklopädie Wikipedia untersucht. Dabei verfolgten wir die Hypothese. dass die Teilnehmer in eine Gemeinschaft sozial integriert werden und nicht mehr eigennützig handeln, sondern aufgrund ihrer sozialen Position. Eine empirische Umsetzung konnte schwerpunktmäßig durch die Analyse der Daten gewährleistet werden, die in der Wikipedia-Datenbank selbst gespeichert sind. Es handelt sich um Auszählungen, Inhaltsanalysen und Netzwerkanalysen auf der Ebene der Diskussionen zu den einzelnen Artikeln, auf der Ebene der Wikipedia-Homepages einzelner Teilnehmer sowie auf der Ebene von Portalen. Zusätzlich wurden Beobachtungen und Befragungen ausgewählter Aktivisten als Methode eingesetzt. Wikipedia gilt als ein „unmögliches kollektives Gut" (Ciffolilli 2003). „Unmöglich" im Sinne, dass weder die individualistische Theorie noch die kollektivistische eine befriedigende Erklärung für den Erfolg des Wikipedia-Projektes geben können. Daher richtete sich unser Fokus auf eine Untersuchung in der Tradition des modernen amerikanischen Strukturalismus, der, so könnte man behaupten, eine vermittelnde Stellung zwischen „beiden klassischen Soziologien" einnimmt. Der amerikanische Strukturalismus ist vor allem von zwei unterschiedlichen Vertretern geprägt: Zum einen ist es James Coleman (1991), der trotz des Aufnehmens strukturalistischer Elemente letztlich dem Individualismus verhaftet bleibt; zum andern ist diese theoretische Richtung mit Harrison White (1992) verbunden. Auch bei White werden individuelle Motive nicht als völlig obsolet betrachtet, dennoch räumt er sozialen Strukturen den Vorrang zur Erklärung sozialer Phänomene ein. White legte 1992 eine strukturalistische und gleichzeitig radikal konstruktivistische Gesellschaftstheorie vor. In den 1970er Jahren erarbeitete er mit Kollegen die methodischen und theoretischen Grundlagen, die in der netzwerkanalytischen Methode der Blockmodellanalyse umgesetzt wurden. Diese wurde auch in unserer Untersuchung angewendet. Die Frage, welche Handlungsoptionen jemand besitzt und wie jemand handelt. hängt aus Sicht der strukturalistischen Netzwerkperspektive von der Struktur der Beziehungen ab. Die Handlung steht also in Verbindung mit der sozialen Position, die ein Akteur in einem sozialen System einnimmt. Nicht durch individuelle Motivation, sondern durch Schaffung eines sozialen Kontextes und durch die Positionierung innerhalb desselben wird in die Mitarbeit eingebunden. Teilnehmer handeln (dann) nicht mehr eigennützig, sondern kooperieren aufgrund ihrer sozialen Position. Es wurde also nicht nach Motiven gefragt, sondern vor allein nichtreaktive Daten als Untersuchungsgrundlage genommen, die in Wikipedia selbst abgespeichert sind. Aufgrund ihrer Eignung/ Tauglichkeit soziale Beziehungen und deren Strukturen anzuzeigen, wurden sie ausgewertet. Fanden sich soziale Beziehungen mit einer eindeutigen positionalen Struktur, konnte die Beteiligung der Einzelnen als eine auf die Positionen bezogene Handlung interpretiert werden. Vom Projekt wurden einerseits Erkenntniszuwächse für die Grundlagentheorie der Erstellung kollektiver Güter und damit ein Erkenntnisgewinn für die allgemeinsoziologische Theorie erwartet: andererseits kann auch ein Fortschritt für die Internetforschung geleistet werden, zumal dort solche neuen Kooperationsformen häufig anzutreffen sind.

Publications

  • Macht imd Autorität im offenen Enzyklopadieprojekt Wikipedia. S. 241-264, in: Michael Jäckel und Manfred Mai (Hrsg.), Medien und Macht. Frankfurt: Campus
    Christian Stegbauer; Elisabeth Bauer
  • 2006, Wikipedia: Die Erstellung einer Online-Enzyklopädie als Herrausforderung für die Erklärung von Kooperation. S. 221-244, in: Christian Stegbauer/ Alexander Rausch, Stukturalistische Internetforschung. Netzwerkanalysen internetbasierte Koommunikationsräume. Wiesbaden: VS
    Christian Stegbauer
  • Formen der Kooperation in computerbasierten Netzwerken - Herausforderungen für die mediensoziologische Forschung. Eine Einführung 33. Kongress der DGS in Kassel, 9.-13. Oktober 2006
    Christian Stegbauer, Michael Jäckel
  • Kommunikationsstrukturen in internetbasierter Gruppenkommunikation. Jahresstagung der Gesellschaft für angewandte Linguistik, 21.09.2006, in Münster
    Christian Stegbauer
  • Konstitution und Erhalt von Kooperation am Beispiel von Wikipedia. Wikipedia Forschungssymposium, Humboldt Universität Berlin, 17.09.2006
    Christian Stegbauer, Elisabeth Bauer
  • Roundtable: Was heißt "Digitalisierung" für Medienkultur und Mediengesellschaft? DGPuK Fachgruppe Soziologie der Medienkommunikation. Bremen, 23.-25.11.2006
    Christian Stegbauer
  • 2007, Die Bedeutung positionaler Netzwerke für die Sicherstellung der Online-Kooperation: Das Beispiel Wikipedia. MERZ (Medien und Erziehung), Jg.51: 2007-6: 59-72
    Christian Stegbauer
  • Die positionale Struktur als institutionelles Rückgrad kooperativer Wissensproduktion. Workshop: Medienwandel als Wandel von Interaktionsformen. Interdisziplinären Zentrum für Medienwissenschaft, Universität Bielefeld, 11.01.2007
    Christian Stegbauer, Elisabeth Bauer
  • Discussant Networks - The Construction of Information in Wikipedia. SUNBELT XXVI, International Sunbelt Social Network Conference (01 .-05.05.2007, Korfu, Griechenland, mit Alexander Rausch)
    Christian Stegbauer, Alexander Rausch
  • Ebenen des Positionalen: Netzwerk und Beteiligung am Beispiel von Wikipedia. Tagung: Ein neues Paradigma in den Sozialwissenschaften., 27.+28.09.2007 in Frankfurt
    Christian Stegbauer; Alexander Rausch; Elisabeth Bauer
  • Integration and Exclusion - A Network Analysis of Wikipedia Discussions. Cornell Microsoft International Symposium on Self-Organizing Online Communities, 29-31. März 2007. Cornell University, Ithaca, NY
    Christian Stegbauer; Alexander Rausch; Elisabeth Bauer
  • Kollaborative Wissenserstellung: Die Bedeutung positionaler Netzwerke für die Sicherstellung der Online-Kooperation. DGPuK Jahrestagung. Bamberg, 16.-18.05.2007
    Christian Stegbauer
  • Konstitution und Erhalt von Kooperation am Beispiel von Wikipedia. Kolloquium Lehrstuhl für Psychologie II, Universität Würzburg, 08.02.2007
    Christian Stegbauer; Alexander Rausch; Elisabeth Bauer
  • Kooperation - warum? Der Versuch einer Erklärung am Beispiel von Wikipedia. 26. Februar 2007. Institut für Sozialforschung Frankfurt
    Christian Stegbauer, Alexander Rausch; Elisabeth Bauer
  • Macht und Autorität im offenen Enzyklopädieprojekt Wikipedia. Jahrestagung der Sektion Medien- und Kommunikationssoziologie der DGS. 20-21.06.2007 in Trier
    Christian Stegbauer; Elisabeth Bauer
  • Soziale Beziehungen im Netz, Beitrag zur Ringvorlesung: Internet Gesellschaft. Gesellschaftliche Seite vernetzter Welten" im WS 2007/08 an der Universität Münster, 14.12.2007
    Christian Stegbauer
  • The Structure of Discussions of Wikipedia-Artides - A Social Network Analysis. GOR '07, 26.-28. März 2007, Universität Leipzig
    Christian Stegbauer; Alexander Rausch
  • Wikis - Diskurse, Theorien und Anwendungen. In: Stegbauer, Christian/ Schmidt, Jan/ Schönberger, Klaus (Hrsg.): Wikis: Diskurse, Theorien und Anwendungen. Sonderausgabe von kommunikation@gesellschaft, Jg. 8. (mitl K. Schönberger und J. Schmidt)
    Christian Stegbauer, Jan Schmidt; Klaus Schönberger
  • 'The Importance of the Positional System. Network and Participation Explained by the Example of Wikipedia. SUNBELT XXVI, International Sunbelt Social Network Conference (22.01.-27.01.2008, St, Petersburg, Florida, USA, mit Alexander Rausch)
    Christian Stegbauer, Alexander Rausch
  • 2008, "Verteilte Wissensproduklion aus netzwerkanalytischer Perspektive. Das Beispiel Wikipedia" in: Herbert Willems (Hrsg.), Weltweite Wellen Internet. Wiesbaden: VS-Verlag
    Christian Stegbauer
  • 2008, Nutzerkarrieren in Wikipedia, S. 186-204, in: Ansgar Zerlaß; Martin Welker und Jan Schmidt (Hrsg.), Kommunikation, Partizipation und Wirkungen im Social Web. Verlag Herbert von Halem
    Christian Stegbauer; Elisabeth Bauer
  • 2008, Positionen im Netzwerk von Wikipedia, S. 173-185, in: Johannes Raabe; Rudolf Stöber; Anna M. Theis-Berglmair und Kristina Wied (Hg.), Medien und Kommunikation in der Wissensgesellschaft. Konstanz: UVK
    Christian Stegbauer
  • Die Bedeutung von Wikis, am Beispiel von Wikipedia. Ringvorlesung „Neue Medien und Gesellschaft?"' im Rahmen des Studienmoduls ,,Neue Medien in der Lehrerbildung", 17.01.2008 in Frankfurt
    Christian Stegbauer
  • Grenzen der Erfassung = Grenzen von Netzwerken? Was lernen wir aus der gleichzeitigen Betrachtung unterschiedlicher Netzwerke von Aktiven in der Wikipedia? (Frühjahrstagung AG Netzwerkforschung, 15.+16.05.2008. in Karlsruhe)
    Christian Stegbauer, Alexander Rausch
  • Roundtable: Entwicklungspotenziale der Medien- und Konummikalionssoziologie. DGPuK-Fachgruppe: Soziologie der Medienkommunikation, Erfurt, 12.-14.06.2008.
    Christian Stegbauer
  • 2009, Grenzen der Erfassung = Grenzen von Netzwerken? Schnittmengeninduzierte Bestimmung von Positionen am Beispiel von Wikipedia. in: Roger Mäußling (Hrsg.), 2009, Grenzen von Netzwerken. Wiesbaden: VS
    Christian Stegbauer, Alexander Rausch
 
 

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