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Numerische Makroästhetik in der Literatur: Theorie und Evidenz (historische Dokumentation)

Subject Area General and Comparative Literature and Cultural Studies
Term from 2006 to 2011
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 22505116
 
Numerische Kompositionen literarischer Großformen werden früh von Theoriebildung begleitet. Bereits die patristischen Exegeten gehen von ,zahlenallegorischen¿ Strukturen der Bibel aus, seit Augustinus etabliert sich im Mittelalter auf biblischer Grundlage (Sap.11, 21) eine ausdifferenzierte Ordo-Ästhetik und in der deutschen Literatur liefert erstmals Otfrid von Weißenburg eine zahlensemantische Explikation zur Tektonik seiner Evangeliendichtung. Nach ersten Recherchen äußern sich mindestens 30 mittelalterliche Autoren, z.B. Cassiodor, Hinkmar von Reims und Richard von St. Viktor, explizit zu numerischen Bauplänen ihrer Werke. Komplizierte numerische Aufbauschemata, in Selbstkommentaren ausformuliert, finden sich im Spätmittelalter z.B. bei Raimundus Lullus, während Dante mit seiner zahlenkompositorisch organisierten Divina Commedia und Boccaccio mit seinem Decamerone den Übergang zur Renaissance markieren. Durch Autorkommentare gesicherte oder visuell exponierte Gliederungssysteme begegnen auch in der frühen Neuzeit (z.B. Giovanni Pico della Mirandola, Daniel Czepko, Quirinus Kuhlmann, John Milton) bis in das 18. Jahrhundert (z.B. Wieland, Goethe) hinein. Eine Öffnung des Forschungsvorhabens über diese Grenze hinaus erscheint insofern angezeigt, als numerische Bauformen, z. B. in der Romantik (E. T. A. Hoffmann: zwölf Vigilien) und vor allem in der Postmoderne (Inger Christensen: Fibonacci-Reihe; Eco: Hören, Sefiroth), stark von mittelalterlichen Konzepten beeinflusst sind. Das transepochal und transnational angelegte, auf eine Buchveröffentlichung zielende Projekt intendiert die Erschließung einschlägiger poetologischer Stellungnahmen zur Makroästhetik seitens der Autoren und auf dieser Basis die bildliche Wiedergabe und Deskription von Gliederungssignalen in den Werken selbst.
DFG Programme Research Grants
 
 

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