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Ästhetische Körpermodifikationen und Weiblichkeit in einer globalen Stadt: Kulturen der Schönheit in Istanbul (Türkei)

Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Förderung Förderung von 2012 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 226148395
 
In über zwei Jahrzehnten neoliberaler Umstrukturierung und wirtschaftlichen Aufschwungs entwickelte sich Istanbul zu einer globalen Stadt an der Schnittstelle von Europa, dem Nahen Osten und Zentralasiens. Als Teil einer ausgeprägten Konsumkultur entstand hier in den letzten Jahren eine umfassende Schönheitsindustrie, die zahlreiche Privatkliniken für ästhetische Chirurgie, Schönheitssalons, Nagel- und Fitnessstudios umfasst. Diese sind insbesondere für berufstätige Frauen attraktiv, von denen viele zur ersten Generation weiblicher Erwerbstätiger in ihren Familien zählen. Um im hochgradig prekären und wettbewerbsorientierten Dienstleistungssektor der Megastadt bestehen zu können, investieren viele junge Berufstätige in ästhetische Körpermodifikationen als eine Art körperlichen Kapitals. Der rasant wachsende Gesundheits- und Schönheitssektor bedient zudem eine zunehmend vielfältige Klientel, die auch die städtische Armutsbevölkerung, internationale Medizintouristen, sowie eine neue, islamische Mittelschicht umfasst.Ausgehend von ethnographischer Feldforschung in Istanbul, insbesondere von teilnehmender Beobachtung in ausgewählten Schönheitssalons und -kliniken in vier unterschiedlichen Stadtvierteln und „körperzentrierten“ biograpisch-narrativen Interviews fragt das Forschungsvorhaben nach der kulturellen Bedeutung und sozialen Einbettung von ästhetischen Körpermodifikationen und Weiblichkeit in einem komplexen städtischen Raum.Die Untersuchung kulturell konnotierter, vergeschlechtlichter Körperpraktiken in ihrer städtischen Diversität tritt der These einer zunehmenden Standardisierung von Schönheitsbildern und -normen im Zuge der Globalisierung entgegen. Veränderte Praktiken der Körpermodifikation werden hierbei nicht einfach als eine zunehmende Kommodifizierung einzelner Körper begriffen, sondern als Ausdruck von Transformationsprozessen gesellschaftlicher Teilhabe und Subjektivität.Das Forschungsvorhaben nimmt Schönheitssalons als soziale Orte und Schönheitsoperationen als soziale Ereignisse zum Anlass, um kulturell geprägte Vorstellungen von Moral, Öffentlichkeit, Moderne und Bürgerschaft, Technologie und Gesundheit, sowie sich verändernder Geschlechterverhältnisse und Formen von Verwandtschaft in einer globalen Stadt zu untersuchen. Vor dem Hintergrund einer zunehmend selbstbewussten, öffentlichen Präsenz von Frauen sowie einer neuen islamischen Mittelschicht verspricht das Forschungsvorhaben, die hiermit verbundenen sozialen und verkörperlichten Transformationsprozesse in einem komplexen Zusammenhang zu betrachten, vorhandene Forschungslücken zu schließen, sowie einen wichtigen Beitrag zu aktuellen Debatten um die Rolle des Körper in der globalisierten Warengesellschaft zu leisten.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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