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Zwischen Moral und Effizienz. Zum professionellen Selbstverständnis von MedizinerInnen in der industriellen Krebsforschung.

Antragstellerin Dr. Christiane Schnell
Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2012 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 229123496
 
Das Vorhaben verbindet die Untersuchung eines empirisch bislang weithin unterbelichteten Gegenstands, das berufliche Selbstverständnis von Mediziner/innen in der pharmazeutischen Industrie, mit der Frage nach dem Wandel von Professionalität in der Gegenwartsgesellschaft. Hintergrund ist die Neuorganisation der pharmazeutischen Wirkstoffentwicklung, die sowohl eine "Bio-Medizinisierung der Industrie" als auch ein neues Niveau der "Ökonomisierung der Medizin" in der Industrie impliziert. Eine Schlüsselrolle in diesem Prozess spielen Mediziner/innen, die als Leiter/innen oftmals international organisierter Projektgruppen den Prozess der Forschung und Entwicklung unter Einhaltung enger betriebswirtschaftlicher Effizienzmaßstäbe "managen". Angesichts tief greifender Veränderungen im Gesundheits- und Medizinsystem vollzog die Paradeprofession der Medizin seit Mitte des 20. Jahrhunderts einen Wandel, der sowohl die konstitutive Spannung zwischen wissenschaftlicher und praktischer Medizin, das Verhältnis von Spezialisierung und Ganzheitlichkeit, das Arzt-Patienten-Verhältnis und das Verhältnis von Profession und Organisation in vielschichtiger Weise tangiert.Angenommen wird, dass auch das Feld der Mediziner/innen in der pharmazeutischen Industrie von diesen Wandlungsprozessen an der Schnittstelle zwischen Medizinsystem, Wirtschaft und Sozialstruktur betroffen ist. Anschaulich wird dies insbesondere in jenen hochspezialisierten Bereichen, in denen therapeutische Konzepte maßgeblich von wissenschaftlichen und pharmazeutischen Entwicklungen abhängig sind, wie dies in der Krebsmedizin der Fall ist. Mediziner/innen, die in diesem Feld arbeiten, entwickeln ihr professionelles Selbstverständnis unter dem Einfluss unterschiedlicher beruflicher Sozialisationsbedingungen in universitärer Ausbildung, Wissenschaft, klinischer Medizin und Industrie. In der theoretischen Perspektive wird angenommen, dass sie beispielhaft einen zeitgenössischen, neuen Typus von Professionalität verkörpern, in dem sich Wissen und Wertorientierung medizinischer Herkunft und manageriale Handlungsorientierung verschränken. Inwiefern fachliche und berufsethische Orientierungen mit den kommerziellen Zwängen der industriellen Wirkstoffforschung in Konflikt geraten, wie sich das professionelle Selbstverständnis auf der individuellen Ebene berufsbiographisch konstituiert und ob gar neue moralische Gemeinschaften entstehen, in denen professionelle Handlungsorientierungen weiterentwickelt und intersubjektiv abgestimmt werden, soll untersucht werden. Der Fokus richtet sich dabei auf die biomedizinische Krebsforschung, da dieses Feld besonders repräsentativ für das widersprüchliche Verhältnis zwischen wissenschaftlichem Antrieb und der Suche nach neuen therapeutischen Behandlungsmöglichkeiten und Heilungschancen einerseits und den Verwerfungen einer von hohem Investitionsrisiko, internationalem Wettbewerb und beispielloser Kapitalspekulation getgetriebenen Branche andererseits ist.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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