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Theoriearbeit. Geschichte einer epistemischen Praxis, 1960 - 1990

Fachliche Zuordnung Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung von 2013 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 231315392
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Forschungsprojekt ging von der Grundannahme aus, dass in den Geisteswissenschaften zwischen 1960 und 1990 „Theorie“ („théorie“, „Theory“) eine beispiellose Konjunktur erlebt habe. Begriffsgeschichtlich, so die These, erfuhr der Theoriebegriff in den 1960er Jahren eine tiefgreifende Mutation, in deren Zuge er sich im Kollektivsingular als eigenes Genre konstituierte. Mit dieser Transformation gingen epistemische wie politische Aufladungen einher, die sich anhand von Verlags- und Zeitschriftenprojekten ebenso nachvollziehen lassen sollten wie anhand von Institutionengeschichten und intellektuellen Biographien. Drei Untersuchungszusammenhänge wurden konzeptionell enggeführt: erstens das Netzwerk der „Denkkollektive“, der Institutionen, Verlage und Zirkel, in denen Theorie seit den 1960er Jahren produziert und rezipiert wurde; zweitens die materielle Kultur der Theorieproduktion, der Ökonomie der Suhrkamp- und Merve-Kulturen in der Bundesrepublik, der Produktion von Zeitschriften, Reihen und Monographien; drittens wurde die „theoretische Praxis“ selbst als Konzept und historische Arbeitsform erfasst. Neben verschiedenen Formen des Schreibens stand hier besonders die Konjunktur der Kulturtechnik ‚Diskussion’ im Umfeld der Studentenbewegung sowie an eine Beobachtung sich wandelnder Lektürepraktiken, die ihrerseits wieder die Genese von Theorie bedingen, im Fokus. Basierend auf extensiven Archivrecherchen (Marbach/Neckar, IMEC Caen, New York University, Columbia University und Wisconsin Historical Society) wurden ein Teilprojekt und eine Dissertation unter dem Arbeitstitel „Die ›journalistische Form‹ der Theorie. Zeitschriftenpublizistik und Theoriebildung in den 1950er bis 1970er Jahren“ entwickelt und durchgeführt (Bearbeiter: Moritz Neuffer). Das Promotionsvorhaben untersucht Praktiken der Theoriebildung intellektueller Avantgarden in den 1950er bis 1970er Jahren. Im Fokus stehen publizistische Unternehmungen periodischen Formats (alternative, New Left Review, Studies on the Left, Arguments), die sich über ihre ›Theoriearbeit‹ und Beiträge zur Konstitution der akademischen Neuen Linken in einen geteilten epistemischen und politischen Bezugsrahmen einschreiben. Die Zeitschrift, so die These, übernimmt dabei nicht nur für die Entwicklung theoretischer Inhalte, sondern auch für die Artikulation politischer Subjektivität maßgebliche Funktionen. Die Dissertation untersucht form- und gattungsgeschichtliche Aussagen in zweifacher Hinsicht: zur Verortung von ›Theorie‹ als Genre in seiner spezifischen Textlichkeit sowie zur Verortung der Theorie-Zeitschrift als Medium zwischen verschiedenen Wissensfeldern.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Distanzgesten. Ein Gespräch über das Zeitschriftenmachen mit Ulrich Raulff und Wolfert von Rahden. In: Grundlagenforschung 1 (2014), S. 64-87
    Moritz Neuffer, Morten Paul
  • Theoriedesign nach dem Deutschen Herbst, in: Merkur, Nr. 9 (2014), 780-792
    Philipp Felsch
  • Der lange Sommer der Theorie, München: C.H. Beck 2015
    Philipp Felsch
  • Luhmann in Kalifornien. Eine Fußnote, in: Zeitschrift für Ideengeschichte 9 (2015) 4, S. 43-47
    Philipp Felsch
  • Theorie verlegen 1963-1979, in: Kodex. Jahrbuch der Internationalen Buchwissenschaftlichen Gesellschaft, 5 (2015), S. 111-127
    Philipp Felsch
  • BRD Noir, Berlin: Matthes & Seitz 2016
    Philipp Felsch, Frank Witzel
  • Die Arbeit der Intellektuellen. Zur Vorgeschichte des ‚practical turn’ in: Nach Feierabend. Zürcher Jahrbuch für Wissensgeschichte 12 (2016), S. 255-62
    Philipp Felsch
  • Für eine Gattungsgeschichte der Theorie / Was wir machen, wenn wir Theorie machen, in: Zeitschrift für Kulturwissenschaften, Nr. 1 (2016), 121-124, S. 142-145
    Philipp Felsch
  • Antiakademismus, in: Zeitschrift für Ideengeschichte 11 (2017) 3, S. 113-120
    Philipp Felsch
  • Arbeit am Material. Die Theorie-Dokumentationen der Zeitschrift alternative. Essay in der Reihe «Sonderdruck», Berlin 2017
    Moritz Neuffer
  • Marxismus-Fatalismus. Heinz Dieter Kittsteiners Geschichtsphilosophie, in: Zeitschrift für Ideengeschichte 11 (2017) 3, S. 21-32
    Moritz Neuffer, Christian Voller
  • What was Theory? Toward a Generic History, in: New German Critique 44 (2017) 3, S. 5-20
    Philipp Felsch
 
 

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