Detailseite
Projekt Druckansicht

Die Wechselwirkungen zwischen orthodoxer Religion und der Politik im zeitgenössischen Russland

Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2013 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 232301589
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Basierend auf einer Reihe von ethnographischen Feldforschungen zwischen 2013 und 2016 in der Russischen Föderation untersuchte das Projekt die Beziehungen zwischen der orthodoxen Religion und der Politik in ihrer Prozesshaftigkeit. Dabei wurde mit Rückgriff auf die Terminologie Max Webers der Fokus im Projekt auf den Wechsel zwischen losen Machtstrukturen und festeren Herrschaftsstrukturen gelegt. Ein einseitiger Fokus auf institutionalisierte Herrschaft wurde dabei vermieden und der Bezug zu Traditionen in der Politikethnologie hergestellt. Auf dieser Grundlage wurde zunehmend deutlich, dass die Terminologie Max Webers in der heutigen Analyse zu einer Einschränkung der Forschungsperspektive und zu einer massiven Komplexitätsreduktion geführt hat. Entsprechend wird die Russisch-Orthodoxe Religion vornehmlich als Legitimationsgrundlage des Russischen Staates gesehen. Das ist zwar nicht grundlegend falsch, greift aber zu kurz und vernachlässigt die eigenen Akzente, welche die Russische Orthodoxie zunehmend selbstbewusster einbringt. Des Weiteren ignoriert das auch die Vielstimmigkeiten, die sowohl in der Russischen Orthodoxie als auch in der russischen Politik zu finden sind. Entsprechend wird auf eine spezifische Form von Säkularismus und Säkularität in der Russischen Föderation hingewiesen, welche durch zwei Charakteristika geprägt ist. Zum einen haben sowohl die Orthodoxe Religion als auch die Politik an Stärke gewonnen und werden als zwei nahezu gleichberechtigte Akteure dargestellt. Das gilt insbesondere auf der regionalen und lokalen Ebene, wo sich ein vielschichtiges Bild ergibt bei der keine Seite die andere dominiert oder sogar determiniert. Der bisherige Fokus der Forschung auf Präsident Wladimir Putin und Patriarch Kirill wird deshalb kritisch hinterfragt. Damit soll darauf hingewiesen werden, dass das Verhältnis zwischen Orthodoxer Religion und Politik sowohl von Kooperation, als auch von Wettbewerb, Streitigkeiten und teilweise offenen Konflikten charakterisiert wird. Zum Zweiten wird das gegenwärtige Russland dadurch charakterisiert, dass beide Seiten auf vielfältige Weise miteinander verwoben, verflochten und verbunden sind. Allerdings müssen mindestens drei Bestandteile dieser Verflechtung unterschieden werden. Deshalb wird vorgeschlagen, drei unterschiedliche Formen der Verflechtung analytisch zu trennen und zunächst separat zu untersuchen: 1) persönliche Bekanntschaften und Verbindungen zwischen individuellen Akteuren aus beiden Bereichen, 2) institutionelle Verflechtungen zwischen den beiden Bereichen und 3) ideologische Gemeinsamkeiten und geteilte Vorstellungen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2018) On the Restitution of Property and the Making of ‘Authentic’ Landscapes in Contemporary Russia. Europe-Asia Studies 70 (7) 1083–1102
    Köllner, Tobias
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1080/09668136.2018.1484077)
  • 2014. „Orthodoxe Religion bei Unternehmern im zeitgenössischen Russland“, Religion & Gesellschaft in Ost und West 42 (2): 12–14
    Köllner, Tobias
  • 2015. „Patriotismus, Orthodoxe Religion und Bildung: Ergebnisse einer empirischen Forschung im zeitgenössischen Russland“, Arbeitsberichte des Instituts für Soziologie der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg 69
    Köllner, Tobias
  • 2016. “Patriotism, Orthodox Religion, and Education: Empirical Findings from contemporary Russia.” Journal of Religion, State and Society 44 (4): 366–386
    Köllner, Tobias
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1080/09637494.2016.1246852)
  • 2016. „Pravoslavie, nravstvennost‘ i raschet“ (Orthodoxe Religion, Moral und Berechnung). Raznoglaziia
    Köllner, Tobias
  • Verflechtungen zwischen Orthodoxer Religion und Politik. Religion & Gesellschaft in Ost und West, Ausg. 7/8. 2017, pp. 22–25.
    Tobias Köllner
  • „Über die Rückgabe von Eigentum an die Russisch-Orthodoxe Kirche und die Konstruktion einer "authentischen" Landschaft“, Erfurter Vorträge zur Kulturgeschichte des orthodoxen Christentums ; 16. 38 S.
    Köllner, Tobias
  • On the Restitution of Property and the Making of ‘Authentic’ Landscapes in Contemporary Russia” Europe-Asia Studies, published online: 27 Jun 2018.
    Köllner, Tobias
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1080/09668136.2018.1484077)
  • Orthodox Religion and Politics in Eastern Europe: On Multiple Secularisms and Entanglements. Routledge Religion, Society and Government in Eastern Europe and the Former Soviet States, 2018, 272 Pages.
    Köllner, Tobias
  • Religious Conservatism in Post-Socialist Russia and its Relation to Politics: Empirical Findings from Ethnographic Fieldwork. In: New Conservatives in Russia and East Central Europe, hrsg. von Katharina Bluhm und Mihai Varga. Routledge Contemporary Russia and Eastern Europe Series, 65.2018, Part II. 12.
    Köllner, Tobias
  • “Religion and Post-Socialism”. In: Tobias Köllner (Hg.): Anthropology: Oxford University Press, 2019
    Köllner, Tobias
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1093/obo/9780199766567-0201)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung