Garantiehaftung und Verschuldenshaftung im gegenseitigen Vertrag

• Applicant: Dr. Holger Sutschet
• Subject Area: Private Law
• Term: Funded in 2006
• Project identifier: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 23240912

Der Schuldner eines Vertrages soll dem Gläubiger im Falle der Nichterfüllung oder Schlechterfüllung nur dann zum Schadensersatz verpflichtet sein, wenn ihn ein Verschulden trifft. Diese nahezu allge-meine Meinung zum Verschuldensprinzip im deutschen bürgerlichen Recht hält einer kritischen Über-prüfung nicht stand. Untersucht man die historische und begriffliche Entwicklung der Obligation, so ergibt sich, dass den Schuldner im Grundsatz eine Garantiehaftung für das Erfüllungsinteresse des Gläubigers trifft. Was hingegen Schäden angeht, welche vom Erfüllungsinteresse zu unterscheiden sind, so kann der Schuldner hierfür nur im Falle des Verschuldens wie auch verschuldensunabhängig haften; beides kommt vor, so dass sich von einem Verschuldensprinzip nicht sprechen lässt. Nach der herrschenden Lehre, welche von der Geltung des Verschuldensprinzips im deutschen Recht ausgeht, besteht ein Gegensatz zwischen dem deutschen Recht und vielen anderen Rechtsordnungen, insbe¬sondere denen des common law sowie der Einheitsrechte, welche vom Prinzip der verschuldensun¬abhängigen Haftung ausgehen. Die Erkenntnis, dass auch das deutsche vertragliche Haftungsrecht nicht vom Verschuldensprinzip geprägt ist, legt daher ein gemeinsames europäisches Fundament vertraglicher Haftung frei. Freilich ist das deutsche bürgerliche Recht durch das Gesetz zur Moderni¬sierung des Schuldrechts, welches 2002 in Kraft getreten ist, strukturell weitreichend geändert worden auf Grundlage der Auffassung, es gelte das Verschuldensprinzip. Weil diese Auffassung im Grundsatz verfehlt ist, führt die wortlautgetreue Anwendung der neuen Vorschriften zu Verwerfungen. Es ist da¬her ein Verständnis dieser Vorschriften zu entwickeln, welches solche Unzulänglichkeiten möglichst vermeidet.

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